# taz.de -- Medienmogul Rupert Murdoch: Wer zuletzt lacht
       
       > Rupert Murdoch drohte nach dem Abhörskandal zu stürzen, doch er überstand
       > das Beben. Sein Imperium ist dazu noch dynastisch abgesichert.
       
 (IMG) Bild: Alles geregelt.
       
       Ort und Anlass waren nobel gewählt: Man speiste in den alt-ehrwürdigen
       Sälen des Bode-Museums auf der Berliner Museumsinsel. Um den Mosaikboden
       vor Rotweinflecken zu schützen, war vorbeugend sogar Teppich verlegt
       worden. Der spätere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg gab sich
       die Ehre, der ehemalige BBC-Chef Greg Dyke philosophierte über Fußball,
       Gerd Zeiler (damals RTL-Chef) und Markus Schächter (damals ZDF-Intendant)
       repräsentierten das deutsche Fernsehen. Das war im Frühjahr 2009.
       
       Das International Council des Paley Center for Film and Television aus den
       USA hatte zum Berliner Summit Meeting geladen – und so versammelte sich
       eine große Herrenrunde. Nur eine Dame hätte kommen und die Hegemonie der
       Männer brechen sollen, doch die hatte abgesagt: Rebekah Brooks, damals noch
       Chefredakteurin von Rupert Murdochs Boulevardblatt Sun, mochte die
       britische Hauptstadt nicht verlassen, weil dort gerade am Stuhl von
       Premierminister Gordon Brown gesägt wurde.
       
       Brown allerdings blieb im Amt und wurde erst 2010 abgewählt, für Brooks kam
       das dicke Ende noch einen Sommer später: Im Juli 2011 musste die
       mittlerweile zur Vorstandschefin von Murdochs britischen Zeitungen
       aufgestiegene Journalistin wegen des Phone-Hacking-Skandals abtreten.
       
       Mitarbeiter der Murdoch-Blätter hatten über Jahre systematisch Mobilboxen
       von Prominenten und Verbrechensopfern abgehört und selbst vor dem
       Buckingham Palace nicht Halt gemacht. Der Medienmogul opferte darauf erst
       die News of the World und später dann seine Vertraute Brooks.
       
       ## Nur eine Torte ins Gesicht
       
       Wer allerdings glaubte, dem „Dirty Digger“ Rupert Murdoch würde der Skandal
       den Hals brechen, hatte sich zu früh gefreut: In den USA gab es zwar eine
       tumultartige Hauptversammlung seines globalen Medienkonzerns News
       Corporation, in Großbritannien musste sich Murdoch gemeinsam mit seinem
       Sohn James vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss peinlich
       befragen und von wütenden Zuschauern mit Torte beschmeißen lassen. Doch das
       war’s.
       
       Mit 85 Jahren zieht der Australier mit US-Pass unangefochten weiter die
       Fäden in einem Medienimperium, das vom preisgekrönten
       Investigativ-Journalismus der Londoner Sunday Times über das Wall Street
       Journal bis zu den konservativen Verschwörungstheoretikern von Fox News
       reicht.
       
       Nicht nur Zyniker meinen, dass der Skandal Murdoch im Endeffekt mehr
       genutzt als geschadet hat. Denn er hat ihn geschickt zum Umbau der News
       Corp. genutzt. Aus dem in die Jahre gekommenen Geflecht aus Hunderten
       Firmen in aller Welt wurde ein deutlich schlanker aufgestellter
       Doppelkonzern: Der eine Teil bündelt alle Film- und Fernsehaktivitäten und
       heißt in Anlehnung an das legendäre Hollywood-Studio 20th Century Fox, das
       seit 1985 Murdoch gehört, nicht ganz unbescheiden 21st Century Fox. Im
       weiterhin unter News Corp. firmierenden Teil sind jetzt alle
       Verlagsaktivitäten konzentriert. Ohne den Skandal wäre das kaum so schnell
       durchzusetzen gewesen.
       
       ## Ein Familienbetrieb
       
       Und Murdoch hat es nebenbei geschafft, seinen Laden dynastisch abzusichern:
       Im Juli wurde Sohn James Vorstandsvorsitzender bei 21st Century Fox. Er
       gilt wieder als Kronprinz, der den immer noch agilen Vater mehr und mehr
       als der Murdoch an der Spitze des Familienkonzerns beerbt. Auch das zeigt,
       wie wenig die Phone-Hacking-Affären an der Macht der Murdochs kratzen
       konnten: Vor Rebekah Brooks war James Chef bei News International, der
       Holding für die britischen Zeitungen des Konzerns, und damit ebenfalls tief
       in den Skandal verstrickt.
       
       Mit der 21st Century Fox regiert James nun den wohl aussichtsreicheren,
       weil zukunftsfähigeren Teil des Murdoch-Reichs: Kreative Inhalte werden in
       der digitalen Welt mehr denn je gebraucht, und die TV-Sender der Gruppe
       sind auf dem Weg ins Digitale weiter als der Verlagsbereich. Auch James
       älterer Bruder Lachlan arbeitet bei 21st Century Fox – als hierarchisch
       unterhalb von James angesiedelter „Executive Chairman“.
       
       ## Glaube an die Zeitung
       
       Dass beide Söhne auf dieser Seite des Doppelkonzerns arbeiten, werten
       britische Kommentatoren zwar immer mal wieder als Zeichen, dass auch die
       Murdochs dem Verlagswesen langfristig keine Zukunft mehr geben, doch
       solchen Stimmen widerspricht der Senior bei jeder Gelegenheit vehement: Er
       glaube an die Zukunft der heute von der Zeitung verbreiteten
       journalistischen Inhalte, sagte Murdoch in einem seiner seltenen Interviews
       mit dem US-Magazin Fortune.
       
       Auch Thesen, nach denen die Printausgaben in den fünf Jahren verschwinden
       würden, hält er für verfrüht: Seine New York Post sieht er noch in zehn
       Jahren auf Papier, dem Wall Street Journal gibt er noch zwei Jahrzehnte als
       Printprodukt. Dabei ist Murdoch keinesfalls von gestern: Die Londoner Times
       ist seit Jahren hinter einer effektiven Pay-Wall verschwunden, der
       resultierende Reichweitenschwund bewusst kalkuliert. „Mittlerweile lesen
       ein Drittel der Nutzer die Times mobil auf Tablets und so weiter“, sagte
       Murdoch der Fortune, „und sie lesen ein Drittel länger als die
       Printausgabe.“
       
       Dass die „neue“ News Corp. allerdings längst nicht mehr so viel verdient,
       bekommt auch Murdoch zu spüren: Vergangene Woche gab das Unternehmen
       bekannt, dass das letzte Geschäftsjahr mit knapp 150 Millionen US-Dollar
       Verlust zu Buche schlägt. Für den Multimilliardär sollte das zu
       verschmerzen sein, auch wenn er aus seiner 2014 geschiedenen Ehe mit seiner
       dritten Ehefrau, Wendi Deng, zwei Töchter zu versorgen hat.
       
       ## Der Ruf gut genug fürs Geschäft
       
       Dass die Ehe des knapp 40 Jahre älteren Murdoch zur ehemaligen
       Mitarbeiterin seines asiatischen TV-Ablegers Star TV scheiterte, liegt
       ironischerweise auch am quasi ungehinderten Zugang der Murdochs zu den
       politisch Mächtigen dieser Welt: Deng soll seit 2012 eine Affäre mit dem
       ehemaligen britischen Premier Tony Blair gehabt haben. Als Murdoch von der
       Sache Wind bekam, reichte er die Scheidung ein – und schloss aus, dass Deng
       und ihre Töchter Anteile und Einfluss im Murdoch-Reich bekommen
       
       James Murdoch kann das nur Recht sein. Dass seine ältere Schwester
       Elisabeth zurückkehrt, die den Familienkonzern schon vor Jahren verlassen
       hat und ihn wegen seiner Rolle im Phone-Hacking-Skandal öffentlich
       attackierte, scheint wenig wahrscheinlich. James’ Ruf ist jedenfalls wieder
       für Geschäfte gut: Am Donnerstag gab die altehrwürdige National Geographic
       Society der USA bekannt, dass sie ihre Magazine und TV-Sender mehrheitlich
       an Murdochs 21st Century Fox verkauft. Damit wird eines der größten
       gemeinnützigen Medienunternehmen der Welt –als Forschungsorganisation darf
       die National Geographic Society keine Gewinne machen – rekommerzialisiert.
       
       Auch für Rebekah Brooks, die von Murdoch senior nur widerwillig Entlassene,
       wird alles gut: 2014 wurde sie im Phone-Hacking-Prozess freigesprochen, ein
       direktes Mitwirken war ihr nicht nachzuweisen. Und vor einer Woche wurde
       bekannt, dass sie ihren alten Job als Chefin von Murdochs britischen
       Zeitungen zurückbekommt.
       
       13 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dirk Döll
       
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