# taz.de -- Alles durcheinander
       
       > Asyl II Fast 1.000 Flüchtlinge wurden im neuen Flüchtlingsheim Karlshorst
       > in der Köpenicker Straße untergebracht
       
       Von Franziska Maria Schade
       
       Eine hohe Mauer umgibt die neue Notunterkunft für Flüchtlinge in der
       Köpenicker Straße in Karlshorst. Auf dem Weg dorthin läuft man an großen,
       schicken Mehrfamilienhäusern und einer Kleingartenanlage vorbei. Es
       scheint, als nähmen die Karlshorster ihre Mittagsruhe ernst. Alles ist
       still, nur hinter der Mauer sind Stimmen zu hören.
       
       Das Tor zum ehemaligen Gewerbegelände ist immer offen. „Jeder, der Fragen
       hat, kann herkommen“, sagt Rüdiger Kunz, Sprecher des Berliner
       Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der Träger geht offen mit
       dem Thema Flüchtlingsunterbringung um. Nicht ganz so offen antwortet die
       Senatsverwaltung für Soziales auf Fragen nach dem Gelände. Wem die
       Immobilie gehöre und ob es vom Senat gemietet sei, wollte die Pressestelle
       nicht mitteilen. Das DRK teilte hingegen mit, dass Teile des Geländes von
       zwei Privatbesitzern zur Verfügung gestellt wurden.
       
       Flüchtlinge sitzen in Gruppen auf vertrockneten Wiesen, singen und reden.
       Rüdiger Kunz betont, dass es sich um eine Notunterkunft handelt, und es
       daher noch keine Beschäftigungsangebote gebe. Die Ankommenden werden nur
       mit dem Nötigsten, mit Schlafplatz, Kleidung und Lebensmitteln, versorgt.
       Vom DRK bekommen sie einen Bewohnerpass, den sie vorzeigen müssen, wenn sie
       das Gelände verlassen oder betreten. Aus einer der Seiten können
       Essensmarken herausgetrennt werden. „Das System mit den Marken dient uns
       auch dazu, die aktuellen Belegungszahlen zu überprüfen“, erklärt Kunz.
       
       Die Schlange vor der Kantine ist lang. „Man muss eine Stunde warten, bis
       man etwas zu essen bekommt“, sagt Ervin Hankj aus Albanien. Die Bewohner
       dürfen aus hygienischen Gründen kein Essen aus der Kantine bringen – weil
       aktuell so hohe Temperaturen herrschen.
       
       ## Keine Aufnahmen mehr
       
       971 Geflüchtete wurden innerhalb einer Woche hier untergebracht, 222 davon
       sind minderjährige. Geplant waren eigentlich nur 300 Bewohner. Das Gelände
       konnte jedoch so erschlossen werden, dass knapp 1.000 Leute Platz finden.
       Das DRK bekam am 6. August den Schlüssel für die Räume, am nächsten Tag
       zogen die ersten Flüchtlinge ein. Zuvor hatten sie tagelang vor dem
       Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) gewartet;von dort wurden sie
       nach Karlshorst gefahren.
       
       „Wir haben bereits am Freitag gemeldet, dass wir niemanden mehr aufnehmen“,
       sagt Rüdiger Kunz. Zwar seien noch Räume frei, allerdings sind diese für
       soziale Angebote vorgesehen. „Wir wollen diese Notunterkunft in den
       nächsten drei Monaten in eine Gemeinschaftsunterkunft umwandeln“, erklärt
       er. Zu Spitzenzeiten sind 128 DRKler und bis zu 50 freiwillige Helfer auf
       dem Gelände. „Für mich ist es vollkommen klar, dass ich helfe“, sagt
       Kirsten Genenger. Die 44-jährige Karlshorsterin ist seit über einer Woche
       als freiwillige Helferin hier. Das DRK will für die Unterkunft 30
       hauptamtliche Mitarbeiter einstellen.
       
       Auf der Straße spielen zwei junge Männer, etwa Mitte zwanzig, mit einer
       Planke und einem Gummiball Baseball, einer wirft, einer schlägt. Ab und zu
       treffen sie den Ball sogar, der daraufhin an irgendjemandes Kopf landet.
       Sie entschuldigen sich hastig und lächeln. Hier wird jeder Besucher
       freundlich behandelt.
       
       „Wir sind froh, dass wir nicht mehr auf der Straße schlafen müssen“, sagt
       ein 26-jähriger pakistanischer Flüchtling, der seinen Namen nicht nennen
       möchte. Auch Ervin Hankj ist froh darüber. Doch er macht klar, dass der
       Aufenthalt im Heim vor allem Einschränkung bedeutet. „Es ist alles
       durcheinander. Keiner weiß, wie lange er hierbleibt. Ich schlafe mit
       fremden Leuten in einem Zimmer und traue mich nicht, meine Sachen dort zu
       lassen, wenn ich gehe“, sagt der 21-Jährige.
       
       Die Sprachbarrieren im Heim sind groß, da nicht ständig Übersetzer dort
       sind. Nur die Mobile Station des Lageso bringt Sprachmittler mit. Das
       Lageso hat hier Büroräume, in denen sich die Asylbewerber wochentags
       registrieren lassen können.
       
       Demonstrationen gegen das Flüchtlingsheim gab es bisher noch nicht. Im
       Vorhinein konnten die Nachbarn des Heims in einer Informationsveranstaltung
       Fragen stellen.
       
       18 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Maria Schade
       
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