# taz.de -- Debatte um Militäreinsatz der Türkei: Erdogan will Einmarsch in Syrien
       
       > Der türkische Präsident möchte Militär nach Syrien schicken und so eine
       > Verbindung kurdischer Gebiete verhindern. Das Militär ist dagegen.
       
 (IMG) Bild: Kinder in Kobani spielen auf einem zerschossenen Panzer
       
       Istanbul taz | „Ich warne Sie, benutzen Sie nicht das Militär für ein
       außenpolitisches Abenteuer, um Ihre innenpolitischen Interessen
       durchzusetzen. Sie haben kein Mandat dazu.“ Kemal Kilicdaroglu,
       Vorsitzender der größten Oppositionspartei, der sozialdemokratischen CHP,
       ist alarmiert.
       
       Wie viele andere auch, befürchtet er, Präsident Recep Tayyip Erdogan könnte
       versucht sein, die Wahlniederlage vom 7. Juni durch eine
       Militärintervention in Syrien in den Hintergrund zu drängen und die Bildung
       einer neuen Regierung mit dem Ziel zu verhindern, im Herbst Neuwahlen
       durchzuführen.
       
       Seit Tagen wird darüber spekuliert, dass der Präsident die Armee anweisen
       könnte, die Grenze nach Syrien zu überschreiten um dort einen 30 Kilometer
       tiefen und 90 km langen Sicherheitskordon einzurichten. Die Eroberung von
       Tal Abjad durch die syrischen Kurden am 16. Juni hat nun zu einem konkreten
       Plan geführt.
       
       Erdogan möchte, dass die Armee das Grenzgebiet zwischen den beiden
       kurdischen Kantonen Kobane und Afrin besetzt. Da dieses Gebiet zur Zeit im
       Wesentlichen noch in der Hand des IS ist, kann der Präsident dies als
       Bekämpfung der Extremisten ausgeben und hoffen, dass die USA und Russland
       die Besetzung eines Teils von Syrien stillschweigend dulden oder begrüßen
       würden.
       
       ## Kampf gegen den IS vorgeschoben
       
       Doch tatsächlich wäre der Kampf gegen den Islamischen Staat nur
       vorgeschoben. Es geht Erdogan viemehr darum, eine Verbindung der drei
       kurdischen Kantone im Norden Syriens zu verhindern.
       
       Die derzeit mit US-Unterstützung militärisch erfolgreichen syrischen Kurden
       konnten nach dem Sieg bei Tal Abjad bereits die beiden zuvor getrennten
       kurdischen Kantone Kobani und Kamischli im Osten zusammenführen. Erdogan
       befürchtet nun, dass die Kurden jetzt auch noch eine Verbindung zwischen
       Kobane und dem dritten kurdischen Kanton Afrin im Westen herstellen.
       
       Das Grenzgebiet, das die türkische Armee jetzt besetzen soll, liegt genau
       zwischen den beiden kurdischen Kantonen. Vor zwei Tagen umriß hat Erdogan
       sein militärisches Ziel: „Wir werden alles dafür tun“, sagte er, „um zu
       verhindern, dass die Kurden in Syrien ein selbstverwaltetes autonomes
       Gebiet entlang unserer Grenze einrichten können“.
       
       Am Montagabend fand in Ankara unter dem Vorsitz von Erdogan eine Sitzung
       des Nationalen Sicherheitsrates statt, auf der die Militärspitze auf einen
       Einmarsch eingeschworen werden sollte. Doch das Militär will nicht.
       
       Anonym, aber mit Nachdruck, ließ es durchsickern, man wolle von einer
       gerade abgewählten Regierung keinen Kriegsbefehl akzeptieren. Zuerst solle
       eine neue Regierung gebildet werden und das neue Parlament einen
       entsprechenden Befehl bestätigen. Außerdem will das Militär einen Beschluss
       des UNO-Sicherheitsrates oder doch wenigstens die offizielle Rückendeckung
       der USA, Russlands und des Iran. Beides ist nicht in Sicht.
       
       30 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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