# taz.de -- Fairtrade-Chef über Textilindustrie: „Keine hohen Anforderungen“
       
       > Große Textilkonzerne verpflichten sich zu nachhaltigerer Produktion. Das
       > reicht nicht aus, sagt Fairtrade-Chef Dieter Overath
       
 (IMG) Bild: Eine Fabrik lässt sich noch besichtigen, beim Rest der Lieferkette kann es schwieriger werden.
       
       taz: Herr Overath, zahlreiche große Textilkonzerne wie C&A und H&M sind dem
       Bündnis für nachhaltige Textilien beigetreten, das Entwicklungsminister
       Gerd Müller (CSU) nach der Katastrophe in Bangladesch gegründet hatte.
       Können wir faire Kleidung bald überall kaufen? 
       
       Dieter Overath: Das wäre toll. Der Grund, dass dieses Bündnis sehr breit
       ist, ist mit Sicherheit, dass die Anforderungen an Einzelunternehmen nicht
       sehr hoch sind. Der Fall ist vergleichbar mit der gesetzlichen Debatte über
       den Mindestlohn. Natürlich versuchen die Unternehmensverbände die
       Anforderungen so weit als möglich zu reduzieren. Das liegt in der Natur der
       Sache.
       
       Das Bündnis beruht auf freiwilliger Selbstverpflichtung der Unternehmen.
       Möglich wäre auch gewesen, dass die Bundesregierung gesetzliche Standards
       vorgibt. 
       
       Es wäre schon toll, wenn die Bundesregierung selbst mit gutem Beispiel
       vorangehen würde. Damit meine ich die öffentliche Beschaffung von Kleidung,
       beispielsweise die von Polizisten. Wenn man hier weiterhin dem
       preiswertesten Angebot folgt, leistet man selbst einen Beitrag dazu, dass
       die Produktionsbedingungen schlecht bleiben und der Preis regiert.
       
       Also kein Gesetz? 
       
       Doch, das auch. Zudem braucht es staatliche Institutionen zur Kontrolle von
       Herstellungsbedingungen. In den USA wird beispielsweise der Zoll aktiv,
       wenn vermutet wird, dass Kinderarbeit bei der Herstellung am Werk ist.
       Bisher hat sich der Staat in Deutschland zu sehr zurückgehalten.
       
       Kann sich durch das Textilbündnis trotzdem etwas verbessern? 
       
       Ich hoffe, dass sich mit der weiteren kritischen Beobachtung von Medien und
       NGOs künftig kein Unternehmen mehr aus der Verantwortung stehlen kann. Das
       Bündnis kann Transparenz schaffen, welche Strukturen zu den
       Arbeitsbedingungen der Näherinnen beispielsweise in Bangladesch führen.
       
       Welche sind das? 
       
       Zum Beispiel der Termin- und Kostendruck der Textilhersteller. In den
       Arbeitsgruppen des Textilbündnisses muss an diesen Hauptbaustellen
       gearbeitet werden. Wenn sich keine konkreten Fortschritte bei den
       Näherinnen in Bangladesch zeigen, dann war die Schaffung des
       Textilbündnisses nicht erfolgreich.
       
       Fairtrade arbeitet gerade selbst an einem Textilsiegel. Was soll das
       leisten? 
       
       Unternehmen sollen sich innerhalb eines bestimmten Zeitplans zu konkreten
       Sozial- und Umweltstandards wie existenzsichernden Löhnen verpflichten.
       Außerdem werden nur Firmen teilnehmen können, die ihre gesamte Lieferkette
       transparent machen. Damit sollen die Missstände auf allen Ebenen behoben
       werden. Also sowohl beim Anbau von Baumwolle als auch bei der Bezahlung von
       Näherinnen.
       
       Sehen Sie das Textilbündnis als Konkurrenz für das Fairtrade-Siegel? 
       
       Nein. In den Verhandlungen hat sich gezeigt, dass es Unternehmen gibt, die
       sich über die Anforderungen der Unternehmerverbände hinaus für höhere
       soziale Standards einsetzen und mit gutem Beispiel vorangehen. Ich denke,
       dass diese Beispiele andere Unternehmen zum Nachziehen bewegen werden.
       
       4 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schwirkus
       
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