# taz.de -- US-Geheimdienst gibt Dokumente frei: Bin Ladens Bibliothek
       
       > Ein Brief an die US-Bevölkerung, Gedanken zur deutschen Wirtschaft, Angst
       > vor Spionen: Die USA haben mehr als 100 Dokumente von Osama bin Laden
       > veröffentlicht.
       
 (IMG) Bild: Hinter diesen Mauern in Pakistan versteckte sich bin Laden – und hortete Dokumente.
       
       WASHINGTON afp | Bis zum Schluss wollte er die USA mit einer neuen, groß
       angelegten Attacke aus der muslimischen Welt vertreiben: Vier Jahre nach
       der Tötung von al-Qaida-Chef Osama bin Laden haben die US-Geheimdienste
       [1][mehr als hundert Dokumente freigegeben], die Einblicke in seinen
       Gemütszustand und seine Ziele gewähren und tiefe Risse in dem
       Terrornetzwerk zeigen. Die in Bin Ladens pakistanischem Versteck gefundenen
       Dokumente wurden am Mittwoch für die Öffentlichkeit freigegeben.
       
       Der Fokus der al-Qaida-Aktivitäten „sollte darauf liegen, die
       US-Bevölkerung und ihre Vertreter zu ermorden und zu bekämpfen“, heißt es
       in einem Dokument. Die einzige Möglichkeit, die US-Außenpolitik zu
       beeinflussen, seien Angriffe, schreibt er an anderer Stelle. Dadurch
       sollten die USA gezwungen werden, „die Muslime in Ruhe zu lassen“.
       
       Die US-Spezialeinheit Navy Seals hatte bei ihrem Zugriff in Abbottabad am
       2. Mai 2011 tausende Dokumente gefunden. Auf richterliche Anordnung wurden
       mehr als hundert der Schriftstücke nun freigegeben. Dies habe nichts damit
       zu tun, dass der [2][Journalist Seymour Hersh die offiziellen Angaben über
       die Ergreifung und Tötung Bin Ladens kürzlich in Frage gestellt habe],
       sagte CIA-Sprecher Ryan Trapani.
       
       Die Angst, von US-Spionen in seiner Villa entdeckt zu werden, trieb Bin
       Laden zu äußerster Vorsicht. So gab er an seine Familie und sein Umfeld die
       Anweisung: „Unsere Sicherheitssituation erlaubt es nicht, zu Ärzten zu
       gehen. Also gebt acht auf Eure medizinischen Bedürfnisse, vor allem Eure
       Zähne.“
       
       ## „Uneinigkeit des globalen Dschihads“
       
       Als seine Frau Umm Hamsa von einer Iran-Reise zurückkehrte, musste sie ihre
       komplette Kleidung wechseln, aus Angst, es könnte eine Wanze darin
       versteckt sein. „Da den Iranern nicht vertraut werden kann, könnte ein Chip
       in Deine Sachen implantiert worden sein.“ Ärger rief Bin Laden mit seinem
       Verbot an seine Adjutanten hervor, per E-Mail zu kommunizieren.
       
       Doch auch über die strategische Ausrichtung von al-Qaida wurde heftig
       gestritten. So forderte Bin Laden, die Terrorattacken sollten sich auf den
       größten Feind USA konzentrieren: „Wir sollten Einsätze gegen die Armee und
       Polizei in allen Regionen stoppen, außer im Jemen“, schrieb er. Darin zeige
       sich seine Sorge, „eine Uneinigkeit des globalen Dschihads könnte den
       Niedergang der Bewegung einleiten“, mutmaßt ein ranghoher
       US-Geheimdienstanalyst.
       
       Dass die Organisation al-Qaida im Irak, ein Vorläufer der Miliz Islamischer
       Staat (IS), im Irak einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten
       anheizte, brachte Bin Laden und seinem damaligen Vize Ayman al-Zawahri
       scharfe Kritik ein. Dass Bin Laden die in seinem Namen angerichteten
       „Skandale“ und das Blutvergießen nicht verurteile, dafür werde er von Gott
       zur Rechenschaft gezogen werden, schrieb die Gruppe Dschihad- und
       Reformfront in einem Brief von 2007. „Wenn Du es noch kannst, ist es Deine
       letzte Chance, den Zusammenbruch des Dschihad im Irak aufzuhalten.“ Heute
       hat der IS al-Qaida in den Schatten gestellt.
       
       Sein schwindender Einfluss zeigt sich auch in taktischen Differenzen. So
       warb Bin Laden in den Dokumenten bis zu seinem Tod für groß angelegte
       Terrorattacken. Einige seiner Stellvertreter finden dies hingegen
       angesichts der permanenten Gefahr durch US-Drohnen zu schwer zu
       organisieren.
       
       In einem schon vor kurzem freigegebenen Dokument aus der damaligen Zeit
       wird al-Qaida-Veteran Abu Mussab al-Suri mit der Haltung zitiert, kleinere
       Anschläge seien der bessere Ansatz. Er setzte sich mit seinem Konzept des
       „individuellen Dschihads“ durch: Nach Bin Ladens Tod rief die neue
       al-Qaida-Führung ihre Anhänger auf, als Einzelkämpfer Anschläge zu verüben.
       
       20 May 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.odni.gov/index.php/resources/bin-laden-bookshelf?start=1
 (DIR) [2] http://www.lrb.co.uk/v37/n10/seymour-m-hersh/the-killing-of-osama-bin-laden
       
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