# taz.de -- Paris-Film: Der Geruch der Laken
       
       > Julie Delpy spaziert in ihrem Regiedebut „2 Tage in Paris“ mit einem
       > Amerikaner durch das alte Europa. Und lässt ihn in alle interkulturellen
       > Fallen tappen.
       
 (IMG) Bild: Voilà: c'est Paris!
       
       Viele Amerikaner haben eine sehr genaue Vorstellung von Europa: Zwei Wochen
       müssen für die Alte Welt reichen. Ein Bier in Prag, einmal durch das
       Brandenburger Tor, eine Sachertorte in Wien, eine Gondelfahrt in Venedig.
       Der Eiffelturm gehört schon zur Rückreise, denn von Paris aus gehen viele
       Flüge nach Amerika.
       
       Die Bewohner der französischen Hauptstadt lassen sich das aber nicht so
       einfach bieten. Sie haben ihren Stolz. Nicht einmal die Beherrschung der
       Landessprache oder einheimische Begleitung kann über den Makel des
       Tourismus hinweghelfen. Der Amerikaner Jack (Adam Goldberg) wird in „2 Tage
       Paris“ zum Opfer aller kleinen und großen interkulturellen Ressentiments.
       Dabei sollte Jack eigentlich eine gute Zeit haben: Er ist der Liebhaber von
       Marion, gespielt von Julie Delpy, die in Personalunion auch Regisseurin des
       Films ist. Jack fällt in das gemachte Bett, er merkt aber bald, dass er den
       Geruch der Laken nicht ausstehen kann. Das Paar befindet sich auf der
       Durchreise: Aus Venedig haben sie eine Menge Fotos und kaum romantische
       Erinnerungen mitgebracht; in zwei Tagen geht der Flug nach New York, wo sie
       miteinander leben. Marion verbindet viel mit Paris; hier leben ihre Eltern,
       hier ist sie groß geworden, sie mag den Geruch der Laken, auch wenn sie
       einsieht, dass sie in die Waschmaschine sollten. Jack verbindet mit Paris
       nichts, nicht mal Marion, die ihm mit jedem Schritt fremder wird.
       
       Diese Komödie der Missverständnisse hat Julie Delpy betont salopp
       inszeniert. Mit dem Charme einer Reality-Soap werden hier in locker
       hingeworfenen Videobildern peinliche Anekdoten aneinandergereiht: ein Essen
       mit den Schwiegereltern, bei dem der Vater den Gast einer ruppigen Prüfung
       über französische Kultur unterzieht; Taxifahrten mit rassistischen
       Chauffeuren; Konfusionen mit alten Freunden, die immer noch Anrechte auf
       Marion zu haben glauben. Der deutsche Jungstar Daniel Brühl hat einen
       seltsamen Auftritt in einem Schnellrestaurant.
       
       Das wäre alles nicht groß von Belang und könnte als filmische Fingerübung
       einer Schauspielerin abgetan werden, die sich eben einmal das Vergnügen
       gönnen wollte, selbst hinter der Kamera zu stehen. Es gibt aber noch eine
       andere Ebene in „2 Tage Paris“, auf die Julie Delpy erst ganz zum Schluss
       kommt: Sie bezieht sich auf „Reise nach Italien“, einen klassischen
       Liebesfilm von Roberto Rossellini, in dem ein Ehepaar in den Ruinen rund um
       Neapel sich zuerst entfremdet und am Ende in einem fast mystischen Moment
       wiederfindet. Dieser Bezug legt im bunten Treiben in Paris einen
       emotionalen Kern frei, der dem Videoformat eine neue Dimension gibt: Es ist
       nun nicht mehr nur das Medium der touristischen Schnelldokumentation, es
       wird tatsächlich zu jenem Medium der persönlichen Recherche, als das es
       einmal vom großen Kino unterschieden wurde. „2 Tage Paris“ bleibt auch
       danach ein flüchtig hingeworfener Film, in dem sich jedoch ein Traum von
       Beständigkeit verbirgt und eine Vorstellung vom Kino als einem Instrument
       der moralischen Erfahrung, die tatsächlich zum alten Europa zu gehören
       schien.
       
       „2 Tage in Paris“. Regie & Buch: Julie Delpy. Mit Delpy, Adam Goldberg,
       Daniel Brühl. Frankreich/Deutschland 2007, 96 Min.
       
       18 May 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Rebhandl
       
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