# taz.de -- Beispiel I: Bombay: Der Slum der Hoffnung
> Die 16-Millionen-Stadt Bombay hat den größten Slum Asiens: Dharavi. Es
> ist goldener Immobiliengrund
(IMG) Bild: In den Slums von Bombay.
BOMBAY taz Wenn Dharavi in den Medien auftaucht, dann meist in den Spalten
über soziale Skandale und über den Heroismus der Menschen, die dort leben
müssen - 300.000, auf einer Fläche von etwas über zwei Quadratkilometern,
mitten in der 16-Millionen-Stadt Bombay. Dharavi ist auf zwei Seiten
eingeklemmt zwischen den Eisenbahntrassen der Vorzugszüge, die jeden Tag 2
Millionen Menschen ins Zentrum der Stadt verfrachten, auf der dritten Seite
vom Mithi-Fluss, einer schwarzen Kloake, die den Dreck von Millionen ins
Meer wälzt.
Doch am 30. Mai schaffte es Dharavi plötzlich in die Anzeigenseiten von
Zeitungen, darunter etwa die Financial Times - eine "Gelegenheit des
Jahrhunderts" hieß es. Konsortien von Immobilien- und Baufirmen wurden
eingeladen, das Wunder zu vollbringen, aus dem größten Slum Asiens die
wundersame Kombination einer sozialen Wohlfahrtsstätte für die Slumbewohner
und eines eleganten Wohnviertels zu machen.
Der Trick: Auf der einen Seite sollen für 57.000 Haushalte Hochhäuser mit
50-Quadratmeter-Wohnungen geschaffen werden, in die die heutigen Bewohner
einziehen können, diesmal mit Besitzdokumenten die sie etwas vor den Mafias
von Polizei und Slumlords schützen. Auf der anderen Seite sollen teure
Apartmenthäuser entstehen, mit Parkanlagen und Clubs.
Die Bewohner von Dharavi leben zwar am Rand der Gosse, vielfach illegal und
ohne Wasser- und Stromanschluss, aber ihre Hütten stehen auf
Immobilien-Gold, nämlich gleich neben dem Bandra Kurla Complex, Indiens
teuerster Geschäftsmeile. Die ständig zunehmende Knappheit von Wohnraum in
Bombay - jedes Jahr steigt die Nachfrage um 84.000 Wohneinheiten, nur
60.000 neue entstehen - machen Orte wie Dharavi mit zu den teuersten
Parzellen der Welt.
Und die Bewohner wissen es. Der neueste Plan der Behörden ist der vierte in
zehn Jahren. Zweimal lehnten sie ab, sie fühlten sich übertölpelt. Auch
diesmal protestierten sie: Warum sollen ihnen 50 Quadratmeter reichen, wenn
andere ganze Zimmerfluchten bewohnen? Sie wissen: Die Zeit - und der Markt
- arbeiten für sie.
28 Jun 2007
## AUTOREN
(DIR) Bernhard Imhasly
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Urbanisierung: Die Mehrheit lebt in der Stadt
Der Weltbevölkerungsbericht der UNO: Das Wachstum der Städte liegt weniger
an der Landflucht, vielmehr an höheren Geburts- als Sterberaten