# taz.de -- Inge Deutschkron: Geschmäht, versteckt, endlich geehrt
       
       > Die Schriftstellerin und Journalistin Inge Deutschkron erhält den
       > Carl-von-Ossietzky-Preis. Er passt perfekt zu ihr.
       
 (IMG) Bild: Bundesverdienstkreuz abgelehnt: Inge Deutschkron
       
       BERLIN taz Das Bundesverdienstkreuz hätte sie mindestens fünfmal verdient -
       und natürlich ist sie auch schon mehrfach dafür vorgeschlagen worden. Inge
       Deutschkron aber hat diese höchste Auszeichnung des Staates immer
       abgelehnt. Ihr Grund: Zu viele Ex-Nazis hätten sie zuvor erhalten. Nun
       lässt sich die Schriftstellerin und Journalistin doch ehren. Mit dem
       Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg. Er passt zu ihr, ja die
       Juroren hätten kaum eine bessere Wahl für diese mit 10.000 Euro dotierte
       Ehrung treffen können. Erinnert sie doch an den Demokraten und Nazigegner
       Carl von Ossietzky, der 1938 an den Folgen einer KZ-Haft starb.
       
       Inge Deutschkron und Ossietzky waren Leidensgenossen - ohne sich zu kennen.
       Geboren 1922 in Finsterwalde im südlichen Brandenburg, kam sie 1927 mit
       ihrer sozialdemokratisch geprägten Familie nach Berlin. Ihr Vater war
       Lehrer und wurde 1933 entlassen, weil er Jude war. Er floh 1939 nach
       Großbritannien und schaffte es nicht, die Familie dorthin in Sicherheit zu
       bringen. Stattdessen überlebten Inge Deutschkron und ihre Mutter ab 1943
       illegal als so genannte "U-Boote", als Untergetauchte, in der
       Reichshauptstadt - stets nur knapp den Nazijägern entkommend.
       
       Inge Deutschkron hat aus dieser Erfahrung ein Lebensthema gemacht: Seit
       Jahren, genauer Jahrzehnten bemüht sie sich darum, dass in Deutschland die
       sogenannten stillen Helden geehrt werden, also die Nichtjuden, die Juden
       aus ganz unterschiedlichen, meist ehrenwerten Motiven halfen, der Ermordung
       zu entgehen.
       
       Nur mit Hilfe eines fragilen Netzes dieser oft unbekannten Helferinnen und
       Helfer konnte die junge Frau überleben. Dass sie in der Bundesrepublik erst
       in den letzten Jahren und meist posthum geehrt wurden, hat nicht zuletzt
       damit zu tun, dass diese Helden lange Jahre das personifizierte schlechte
       Gewissen der Mitläufer waren. Bewiesen sie doch, dass man auch als ganz
       einfacher Mensch etwas für die Juden tun konnte.
       
       Inge Deutschkron, die unter anderem in der Blindenwerkstatt Otto Weidt in
       Berlin-Mitte versteckt wurde, arbeitete nach dem Krieg als Journalistin für
       die israelische Zeitung Maariv. Schon in den Fünfzigerjahren stießen ihr
       die alten Nazis in vielen Führungssesseln der Bundesrepublik auf, 1972 zog
       sie nach Tel Aviv, abgeschreckt vom Antisemitismus mancher 68er. Es dauerte
       20 Jahre, bis sie sich auch wieder einen Wohnsitz in Berlin zulegte, vor
       allem der Jugend wegen. Heute warnt sie leidenschaftlich und mit Witz, etwa
       bei vielen Lesungen in Schulklassen, vor den neuen Nazis des heutigen
       Deutschlands.
       
       Dass Inge Deutschkron trotz dieser Erfahrungen so optimistisch und
       engagiert blieb, ist ein Wunder. Verdient hat es dieses Land nicht.
       
       18 Jul 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
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