# taz.de -- Kommentar: Die uneinige Linke
       
       > Das Projekt sozialeres Lateinamerika droht zu scheitern, bevor es
       > überhaupt begonnen hat. Schuld daran ist die Selbstherrlichkeit einiger
       > Präsidenten - und die linke Basis.
       
       Dieser Tage war wieder viel von lateinamerikanischer Integration die Rede.
       Vor allem über bilaterale Energieabkommen versuchten Brasiliens Präsident
       Lula da Silva und sein venezolanischer Kollege Hugo Chávez, den politischen
       Einfluss beider Länder in der Region zu stärken. Während Lula in
       Mittelamerika auf Agrokraftstoffe setzte, griff Chávez seinen
       südamerikanischen Partnern mit Geld und Know-how im Erdöl- und
       Erdgasgeschäft unter die Arme.
       
       So treten die Differenzen zwischen den linken Präsidenten deutlicher zutage
       denn je zuvor. Auch wenn dies im Interesse der USA liegt, wie Chávez
       anmerkte: In diese Klemme haben sich beide Führungsfiguren selbst begeben.
       In Brasilien ist die soziale Vision des früheren Gewerkschafters Lula bis
       zur Unkenntlichkeit verblasst. Auch seine derzeitige Agrosprit-Offensive
       ist vor allem durch Geschäftsinteressen heimischer Unternehmer motiviert,
       die ihren Vorsprung auf dem Weltmarkt ausbauen wollen. Innerhalb seiner
       Koalitionsregierung räumt er der Rechten immer mehr Macht ein.
       
       In Venezuela hat Chávez eine autoritärere Gangart eingelegt, womit er sich
       in der gesamten Region angreifbarer macht. Indem der Ölsozialist sämtliche
       Kritiker als Oligarchen oder Handlanger Washingtons beschimpft, untergräbt
       er seine eigene Bündnisfähigkeit: Der 2005 beschlossene Beitritt Venezuelas
       zum Mercosur ist noch nicht unter Dach und Fach, und auch die Bank des
       Südens kommt nicht voran.
       
       An der Selbstherrlichkeit beider Präsidenten ist auch die linke Basis nicht
       unschuldig. Anstatt ihre Debatten über ein ökosoziales Entwicklungsmodell
       in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, hat sie sich von ihren Stars
       kooptieren oder marginalisieren lassen. Selbst konstruktive Kritik an ihnen
       wird aus falsch verstandener Solidarität allzu oft unterlassen. Vor zwei
       Jahren verhinderten Lula und Chávez gemeinsam die gesamtamerikanische
       Freihandelszone. Wenn sie sich jetzt auseinanderdividieren lassen, läuft
       auch das Projekt eines sozialeren Lateinamerikas Gefahr, in seiner
       Anfangsphase stecken zu bleiben.
       
       10 Aug 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
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