# taz.de -- Islam im Weltall: Suche nach Mekka auf der ISS
       
       > Weil sein Land den Russen teure Kampfflieger abkaufte, darf ein Malaysier
       > mit an Bord: Der erste streng gläubige Moslem auf einer Raumstation. Nur
       > in welcher Richtung ist Mekka?
       
 (IMG) Bild: Religiöser Raumfahrer: Der Malaysier Sheikh Muszaphar Shukor
       
       Alles lief auch diesmal wie üblich: Nach zweitägiger Reise dockte zum
       Freitag eine russische Sojus-Kapsel reibungslos an der Internationalen
       Raumstation ISS an; gestartet war die TMA-11-Rakete wie stets vom
       Weltraumbahnhof Bajkonur. Nur die dreiköpfige Besatzung der "Expedition 16"
       ist alles andere als gewöhnlich.
       
       Gleich zwei "Firsts" konnten die Betreiber der Station diesmal mitteilen:
       Peggy Whitson ist die erste Frau, die das Kommando an Bord der ISS haben
       wird, und Sheikh Muszaphar Shukor der erste streng gläubige Moslem auf
       einer Raumstation. Und er möchte auch im Weltraum seinen religiösen
       Gewohnheiten nachgehen. Dritter Mann der neuen Besatzung ist der Ukrainer
       Juri Iwanowitsch Malentschenko, der selbst schon einmal Weltraumgeschichte
       schrieb: Als erster Mensch, der im All geheiratet hat (allerdings stand
       seine Braut bei der Zeremonie vor einem Bildschirm in Texas).
       
       Shukor ist gleichzeitig auch der erste Malaysier im All. 25 Millionen
       Dollar ließ sich das moslemisch-asiatische Land die Mission kosten. Sie ist
       Teil eines 900 Millionen Dollar schweren Kuhhandels, bei dem Malaysia
       insgesamt 18 russische Kampfjets für sein Militär kaufen wird. (Die ISS
       wird hauptsächlich von den USA, Russland, Japan, Kanada und Europa
       finanziert.)
       
       Der 35jährige Sheikh Muszaphar Shukor ist gelernter Chirurg, lehrt aber
       auch an einer Universität. Seine Mission wird im Gegensatz zu der seiner
       beiden Kollegen nur recht kurz sein: Bereits am 21. Oktober fliegt er
       zurück zur Erde; während seines Aufenthalts soll er unter anderem
       Experimente an einem möglichen HIV-Impfstoff durchführen.
       
       Der Malaysier wurde aus insgesamt 11.000 Kandidaten ausgewählt. Er nannte
       seine Mission einen "großen Schritt" für sein Land - er wolle die Jugend
       der Nation ähnlich inspirieren, wie einst Juri Gagarin mit seinem ersten
       Flug ins All 1961. Beim Abheben der Rakete, das live auf einen großen Platz
       in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur übertragen wurde, versammelten
       sich zahlreiche Menschen und jubelten.
       
       Als komplex dürfte sich allerdings das Einhalten der religiösen Sitten
       erweisen, die Shukor als gläubiger Moslem pflegt. Das Religionsministerium
       seines Landes hat dazu eigens ein Astronautenhandbuch verfasst - das erste
       seiner Art. Damit Shukor fünfmal am Tag stets nach Mekka beten kann, haben
       die Religionsgelehrten eine "virtuelle Linie" erfunden. Anders ginge das
       auch gar nicht über den Wolken: 15,7 Mal pro Tag umrundet die ISS die Erde,
       da ist es knifflig, stets genau Mekka auszumachen. So schaut also Shukor am
       Anfang und am Ende seiner Gebete immer entlang der gedachten Linie.
       
       Hinzu kommt, dass Shukor zum Ende des heiligen Monats Ramadan gestartet war
       und so eigentlich die Fastenzeiten einhalten muss. Beim Fasten freilich
       waren die Gelehrten generös - sie erließen im im dunklen All diese heilige
       Pflicht. Allerdings wolle er dennoch wie ein gewöhnlicher Moslem fasten,
       hatte Shukor vor dem Start erklärt.
       
       Jamaluddin Jarjis, Minister für Wissenschaft, Technologie und Innovation in
       Malaysia, sagte gegenüber dem US-Auslandssender VOA, er sei auch deshalb
       stolz, weil der Weltraumausflug zu Zeiten den 50. Geburtstages der Nation
       stattfinde. Da findet Shukor selbstverständlich auch Zeit für ein paar
       nette Raumfahrergesten: Seinen Kollegen spendierte er zum Beispiel ein
       malayisches Essen. Und am Montag Morgen hielt er eine zehnminütigen Plausch
       mit ausgewählten Schülern im nationalen Planetarium in Kuala Lumpur.
       
       Dass Shukor neben seinen religiösen Pflichten, auch die an Bord erfüllt,
       überwacht nun eine Amerikanerin: Peggy Annette Whitson (47) aus dem
       US-Bundesstaat Iowa fungiert als neue Kommandantin der Raumstation. Sie hat
       bereits über 20 Jahre Erfahrung bei der NASA, flog 2002 zum ersten Mal als
       Bordingenieurin zur ISS. Whitson ist Biochemikerin und hat auch schon einen
       Weltraumspaziergang hinter sich. Die ISS kennt sie gut: Bereits 2002 war
       sie sechs Monate an Bord, wird nun wieder den gleichen Zeitraum 350
       Kilometer über der Erde im Orbit verbringen.
       
       Whitson wird mit dem ebenfalls erfahrenen Malentschenko zwei Mitglieder der
       bestehende Crew ablösen, die am 21. Oktober auf die Erde zurückkehrt. Der
       Dritte im Bunde, der Amerikaner Clayton Anderson, wird ebenfalls noch in
       diesem Monat abgelöst, für ihn kommt ein weiterer Amerikaner, Daniel Tani,
       an Bord des Space Shuttle "Discovery" auf die Station. Wenn die Raumfähre
       mal auch so reibungslos startet und andockt wie der russische
       Weltraumtransport.
       
       15 Oct 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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