# taz.de -- Arzneimittelkriminalität im Ausland: Tödliches Geschäft
       
       > Bis zu 50 Prozent der Medikamente auf dem asiatischen und afrikanischen
       > Markt sind gefälscht. Sie enthalten keine Wirkstoffe oder sind vergiftet
       > - und sie töten Menschen.
       
 (IMG) Bild: Lukrative Einnahmequelle: Gefälschte Medikamente gegen Malaria oder Aids.
       
       Berlin taz Dr. Dora Akunyili lebt gefährlich. Mit ihrer Familie warsie im
       Dezember 2002 auf einer Landstraße in Nigeria unterwegs, als Scharfschützen
       ihr Auto ins Visier nahmen. Eine Kugel durchschlug die Heckscheibe und
       ritzte ihre Kopfhaut.
       
       Akunyili hat mehrere Mordanschläge überlebt, seitdem sie vor sechs Jahren
       die oberste Behörde zur Überwachung und Kontrolle der Lebens- und
       Arzneimittelsicherheit (Nafdac) in Nigeria übernahm. Die gelernte
       Pharmazeutin ist angetreten, dem Handel mit gefälschten Medikamenten in
       ihrem Land ein Ende zu bereiten. Die Arzneimittelfälscher erklärten sie
       daraufhin zur Todfeindin. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon
       aus, dass mindestens 10 Prozent der Arzneimittel auf dem Weltmarkt
       gefälscht oder illegal sind. Besonders hoch ist der Anteil in den
       Entwicklungsländern in Asien und Afrika. Auf den Straßenmärkten, wo
       diejenigen einkaufen, die keinen Zugang zum staatlichen Gesundheitswesen
       haben, können bis zu 50 Prozent der Arzneien Fälschungen sein. Ein
       tödliches Geschäft, denn den Käufern geht es nicht um Körperkult, sondern
       ums Überleben. Gefälscht werden lebensnotwendige Medikamente gegen Malaria
       und Aids, die viele Menschen brauchen. Die überwiegende Mehrheit der
       Fälschungen enthält gar keinen Wirkstoff, viel zu wenig oder ist mit Giften
       verunreinigt, die Nebenwirkungen simulieren sollen. So stellte sich bei
       einer Untersuchung des Malariamittels Artesunate heraus, dass 40 Prozent
       des in verschiedenen Ländern Südostasiens vertriebenen Medikaments
       keinerlei Wirkstoff enthielten. Um den Fälschern das Handwerk zu legen,
       rief die Weltgesundheitsorganisation 2006 die internationale Task-Force
       Impact ins Leben. Knapp ein Jahr nach der Gründung zieht Sprecherin Daniela
       Bagozzi ein ernüchterndes Fazit: "Die Situation ist stabil schlecht. Einen
       Rückgang der Fälle können wir nicht feststellen." Wie viele Menschen
       jährlich sterben, weil sie der falschen Medizin vertrauen, ist nicht
       erfasst, an die Öffentlichkeit kommen lediglich spektakuläre Fälle. In
       Panama starben im vergangenen Jahr mehr als hundert Kinder, weil sie einen
       Hustensaft schluckten, der mit Glykol, bekannt als Kühlerfrostschutzmittel,
       gestreckt war. Dora Akunyilis Schwester starb 1988, weil sie gefälschtes
       Insulin spritzte. Als Akunyili die Nafdac übernahm, beschränkte sie die
       Einfuhr von Arzneimitteln auf zwei Flughäfen und zwei Seehäfen. Diese ließ
       sie von ihren MitarbeiterInnen kontrollieren. Sie ließ 19 indische und
       chinesische Firmen auflisten, die für die Herstellung gefälschter
       Medikamente bekannt waren, und verbot ihre Produkte. So brachte sie den
       Arzneimittelhandel nach und nach unter staatliche Kontrolle. Nigeria gilt
       nach Auskunft der Buko-Pharma-Kampagne inzwischen als Beispiel für einen
       relativ sicheren Arzneimittelmarkt. Die Kampagne schaut deutschen
       Pharmaherstellern seit 25 Jahren in die Bilanzen und auf die Finger. Für
       Robert Schaaber von Buko sind die Unternehmen Teil des Problems: Hohe
       Arzneimittelpreise und ein durch Patente eingeengter Markt machten
       Fälschungen zu einem guten Geschäft, meint Schaaber. "Arzneimittel zu
       fälschen, ist so lukrativ wie Drogenhandel. Aber sicherer, weil die meisten
       Medikamente im Gegensatz zu Drogen nicht illegal sind."
       
       30 Oct 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Lehmann
 (DIR) W. Schmidt
       
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