# taz.de -- EU: "Wein" nur noch aus Trauben: Hessen fürchten Identitätsverlust
       
       > Brüssel will den Begriff "Wein" auf aus Trauben gekelterte Getränke
       > begrenzen. "Apfelwein" gäb's dann nicht mehr.
       
 (IMG) Bild: Geht es nach der EU, wir da kein Wein draus.
       
       FRANKFURT/M. taz Die spinnen, die Kommissare der Europäischen Union in
       Brüssel: Angeführt von der dänischen Agrarkommissarin und "Winzertochter"
       Mariann Fischer Boel, wollen sie im Rahmen der Weinmarktreform die
       Bezeichnung Apfelwein für Apfelwein verbieten. Nur noch Wein aus
       Weintrauben dürfe Wein genannt werden
       
       Ziel der avisierten Verbotsverfügung sind nicht nur die hessischen
       Apfelweinproduzenten und ihre Kollegen in einigen anderen Regionen der
       Republik, sondern auch die Hersteller von Fruchtweinen etwa aus Kirschen
       oder Erdbeeren.
       
       Fein raus sind dagegen die Normannen und Bretonen, deren Apfelwein schon
       seit den Zeiten von William dem Eroberer "Cidre" genannt wird - und nicht
       Vin de pommes. Seit der Schlacht von Hastings 1066 ist der Cidre als Cider
       auch in England heimisch. Der Normannenprinz hatten neben 50.000 Soldaten
       auch Hunderte von Fässern mit dem spritzigen Apfelwein mit nach England
       verschifft. Die Angeln und Sachsen berauschten sich und verloren prompt.
       Heute werden in England mehr Äpfel zu Apfelwein verarbeitet als in
       irgendeinem anderen Land in Europa.
       
       Tatsächlich dürfte die Regulierungswut in Brüssel auch die Apfelweintrinker
       in Frankfurt am Main und in der gesamten Region vom Odenwald bis hinein in
       der Wetterau und in den Taunus wenig kratzen: Dort heißt der Apfelwein
       ohnehin nur "Stöffche" oder "Äppler" oder "Ebbelwoi" - von der EU nur
       schwer zu erfassende und per Ordre de Mufti zu verbietende Synonyme.
       
       Dass am Main in Frankfurt bis ins 16. Jahrhundert hinein Weinanbau
       betrieben wurde und nur eine kleine Zwischeneiszeit und diverse
       Rebkrankheiten die Mainhessen schließlich zur Umstellung auf
       Obstbaumanpflanzungen und die Kelterung von Äpfeln zwangen, lässt die neue
       Verordnung der EU hier erst recht zum Treppenwitz der Geschichte
       avancieren.
       
       Auf die Barrikaden gehen wollen die hessischen Apfelweinproduzenten
       dennoch. "Mit allen Mitteln" werde man gegen Brüssel kämpfen, ließ der
       Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien e.V. gestern
       verlauten. Apfelwein sei schließlich nicht nur ein Getränk, sondern "ein
       großes Stück hessische Identität".
       
       Und wo die in Gefahr ist, ist der hessische Ministerpräsident nicht weit.
       "Wir werden es nicht zulassen, dass unsere traditionelle Bezeichnung der
       Regelungswut in Brüssel geopfert wird", schrieb der im Apfelweinstädtchen
       Schwalbach am Fuße des Taunus lebende Roland Koch (CDU) in einem Brief an
       die Kommissare. Er sei "empört und voller Unverständnis". Deshalb fordere,
       die Vorlage zur Weinmarktreform zu ändern. Deren Erfolg tue es keinen
       Abbruch, "wenn Brüssel von diesem Unsinn ablässt".
       
       Auch an Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) richtete Koch einen
       Appell: "Mit Nachdruck" solle sich der passionierte Weißbiertrinker bei den
       Verhandlungen im Ministerrat der EU dafür einsetzen, dass die Bezeichnung
       "Wein" auch für berauschende Getränke aus Früchten erhalten bleibe.
       
       1 Nov 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Peter Klingelschmtt
       
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