# taz.de -- Kommentar Ölpreis: Es gibt keine Ölkrise
       
       > Der reale Ölpreis ist zur Zeit höher als bei der letzten Ölkrise. Heute
       > sind wir unabhängiger vom Öl- aber die Entwicklung ist trotzdem
       > krisenhaft.
       
       Der Ölpreis kratzt an der Marke von 100 US-Dollar pro Barrel - und ist
       damit real, also unter Einbezug der allgemeinen Preissteigerungsrate,
       erstmals wieder höher als zur letzten Ölkrise 1979/80. Aber seltsam, das
       Wort Ölkrise hört man trotzdem nicht. Wir haben eine Finanzkrise,
       Immobilienkrise, Kreditkrise - aber keine Ölkrise.
       
       Was ist jetzt anders? Die erste Ölkrise schockierte die Welt 1973, als die
       arabischen Länder den Jom-Kippur-Krieg gegen Israel geführt hatten und dann
       Öl als Druckmittel gegen den Westen einsetzten. Die hilflose (aber sehr
       angenehme) Reaktion bestand aus autofreien Sonntagen. Die Wirtschaft
       stürzte trotzdem ab. Und dann kam im Gefolge des Umsturzes im Iran 1979 die
       zweite Ölkrise. So langsam setzten zaghafte Bemühungen ein, Energie zu
       sparen und die Wirtschaft deutlich energieeffizienter und damit
       unabhängiger vom Öl zu machen. Und genau das erklärt zumindest zum Teil,
       warum es jetzt nicht zur dritten Ölkrise kommt. Damals deckte die
       Bundesrepublik 55 Prozent ihres Energiebedarfs mit Erdöl, heute sind es 36
       Prozent.
       
       Aber im Grunde ist die aktuelle Entwicklung viel krisenhafter als damals.
       Denn in den 1970er-Jahren war es allein die Politik, die den Ölpreis in die
       Höhe trieb. Als sich die Lage beruhigte, sank auch der Ölpreis wieder.
       Jetzt aber treiben nicht nur das Säbelrasseln der USA gegen den Iran und
       der Türkei gegen den Irak und die Spekulanten, die zwecks Absicherung gegen
       einen weiteren Dollarverfall in Rohstoffe investieren, den Preis in die
       Höhe.
       
       Jetzt steht im Hintergrund erstmals auch die berechtigte Sorge, dass das Öl
       ernsthaft knapp wird. Während immer mehr Schwellenländer immer mehr Öl als
       Treibstoff für ihr enormes Wirtschaftswachstum benötigen, erreicht die
       Ölförderung wohl schon bald ihr Maximum. Von diesem Punkt aus geht es nur
       noch bergab mit den Fördermengen. Anders als die damaligen Ölkrisen sollte
       die aktuelle Krise daher Anlass für ein langfristiges energiepolitisches
       Umsteuern sein. Und nicht für ein bloßes Lamentieren über Wechselkurse und
       Spekulanten, die den Ölpreis kurzfristig hochtreiben.
       
       22 Nov 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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