# taz.de -- Altersvorsorge für Geringverdienende: Riester kämpft um Rente
       
       > Ist die Riester-Rente für Geringverdienende gut? Ihr Namesgeber sagt ja.
       > Wirtschaftsweiser Bert Rürup fordert, Ärmere besserzustellen.
       
 (IMG) Bild: Trotz Riester-Rente im Alter keinen Euro zusätzlich.
       
       Walter Riester ist einer der wenigen Politiker, deren Name in die
       Alltagssprache eingegangen ist. Die Riester-Rente. Ein persönliches Glück,
       denn die Erinnerung an ihn lebt fort. Aber auch ein tägliches Risiko - der
       Name könnte seinen Ruf verlieren. Das befürchtete der ehemalige
       Arbeitsminister der SPD am Freitag: "Das ist eine Katastrophe, eine
       gnadenlose Verunsicherung." Was war passiert? Das ARD-Politikmagazin
       "Monitor" hatte am Donnerstagabend eine weithin unbekannte Tatsache
       erläutert (siehe Kasten): Wer jahrelang für die Riester-Rente spart, hat
       später vielleicht gar nichts von ihr.
       
       Gestern herrschte also einige Aufregung. Viele Politiker mussten sich
       äußern. Denn die "Monitor"-Nachricht scheint ein großes Versprechen als
       Humbug zu entlarven. Hatte uns Walter Riester nicht gesagt, dass unsere
       gesetzliche Rente zwar sinkt, weil weniger Junge mehr Alte finanzieren
       müssen, wir später aber mit Hilfe der zusätzlichen privaten Vorsorge, eben
       der Riester-Rente, unseren Lebensstandard halten können? War das nur ein
       Missverständnis, oder hat man uns etwas vorgemacht?
       
       Tatsache ist: Für manche Beschäftigte, die jahrzehntelang wenig verdient
       haben, wird die Riester-Rente keine zusätzliche Absicherung bedeuten. In
       solchen Fällen wird sie mit der Grundsicherung verrechnet. So sieht einfach
       die Gesetzeslage aus. Außer den Fachleuten hat diese bislang freilich die
       wenigsten interessiert. Millionen anderer Arbeitnehmer werden aber durchaus
       profitieren. Sie müssen keine öffentliche Hilfe beantragen und bekommen die
       normale Rente plus Riester. Wer zur Mehrheit, wer zur Minderheit gehören
       wird, lässt sich heute allerdings kaum vorhersagen.
       
       Denn das System beruht auf Hoffnung, sein Funktionieren hängt auch vom
       Verhalten der Menschen ab. Klotzen alle bis zum Alter von 67 oder 70
       ordentlich ran und hält sich die Arbeitslosenrate in Grenzen, bekommen die
       meisten eine erträgliche Rente. Der SPD, aber auch der Union ist deshalb
       daran gelegen, Optimismus zu verbreiten. Stefan Giffeler, der Sprecher von
       Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD), sagte, die Argumentation von
       "Monitor", Geringverdienende könnten statt auf Riester gleich auf die
       Grundsicherung setzen, sei zynisch. Mit dieser Einstellung könnte man
       sofort aufhören, zu sparen und zu arbeiten - und sich ganz auf den Staat
       verlassen. Elke Ferner, Vizefraktionschefin der SPD, erklärte: "Die
       Rechtslage ist in Ordnung."
       
       Bert Rürup, Vorsitzender des Sachverständigenrates für Wirtschaft und
       Berater der Bundesregierung, sieht das anders. Wer 35 Beitragsjahre in der
       gesetzlichen Rentenversicherung nachweise, solle in jedem Fall die
       Grundrente von 660 Euro plus seiner vollen Riester-Ansprüche erhalten.
       Sonst gebe es für Geringverdienende keinerlei Anreize zur Eigenvorsorge, so
       Rürup.
       
       Die Grünen teilen Rürups Position. "Die Regierung untergräbt die
       Attraktivität der Riester-Rente", sagte die grüne Fraktionsvize Christine
       Scheel. Auch die Linke und das globalisierungskritische Netzwerk Attac
       kritisierten die Bundesregierung und forderten, die Anrechnung
       abzuschaffen.
       
       Mit dem "Monitor"-Bericht und den Reaktionen darauf steht nun auch die
       Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen wieder auf der Tagesordnung.
       Denn die garantierte Mindestrente, die zusätzlich zu etwaigen Riester-Euros
       ungeschmälert ausgezahlt würde, setzte das Prinzip der Bedarfsprüfung außer
       Kraft. Heute muss jeder, der Hilfen der Gemeinschaft erbittet, seine
       Bedürftigkeit nachweisen. Mitunter fahndet das Amt nach jedem privaten Cent
       und zieht ihn von der Hilfe ab. Würde dagegen das Wirklichkeit, was Rürup
       vorschlägt, könnte man sich auf seine Grundrente verlassen - ohne dass die
       Riester-Rente angerechnet würde. Verschiedene Modelle von Grundeinkommen
       haben zuletzt die Grünen bei ihrem Parteitag im November 2007 diskutiert.
       
       Doch das ist Zukunftsmusik. Entgegen allen offiziellen Beschwichtigungen
       wissen die Menschen, um die es geht, anscheinend schon sehr genau, was sie
       erwartet. Das legt eine Studie des Finanzwissenschaftlers Giacomo Corneo
       nahe, der an der Berliner Freien Universität arbeitet. Demnach sparen die
       Bezieher niedriger Einkommen seit Einführung der Riester-Rente weder
       häufiger, noch legen sie mehr Geld beiseite.
       
       12 Jan 2008
       
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 (DIR) Hannes Koch
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