# taz.de -- Kolumne Einen Versuch legen: Der schöne Ole
       
       > Über das immerwährende Sehnen des Sesselsportlers nach sauberem Sport.
       
       Das Wochenende naht. Und was heißt Wochenende in diesen Tagen? Es heißt Ski
       alpin, Skilanglauf, Eisschnelllauf, Rodeln, Bob, Skispringen, Biathlon. Vor
       allem Biathlon. Am Samstag muss meistens noch das Einkaufen dazwischen
       geklemmt werden, streng orientiert am Fernsehplan, hier und da fällt auch
       ein bisschen Arbeit in der Wohnung an, zugegeben gerne - pssst -, wenn
       gerade Rodeln läuft. Im Rodeln gewinnen "wir" ja sowieso immer alles,
       jedenfalls bei den Frauen, seit Menschengedenken rodeln wir dort auf die
       Plätze eins bis vier, das geht auch ohne uns, da füllen wir lieber die
       Spülmaschine ein oder machen uns einen Kaffee, der fertig sein muss, wenn
       Biathlon beginnt.
       
       Denn wenn wir so auf der Couch vor dem Fernseher liegen, haben wir
       schließlich unsere Ansprüche. Wir mögen es, wenn unsere Helden und
       Heldinnen gewinnen oder zumindest auf dem begehrten "Stockerl" stehen, aber
       dass immer all diese Plätze von Frauen oder Männern in schwarz-rot-goldenen
       Anzügen belegt werden, sehen wir wiederum auch nicht gern. Wir fragen uns:
       Fehlt es da vielleicht an der Konkurrenz? Zugegeben, es ist nicht ganz
       leicht, es uns recht zu machen.
       
       Denn wenn keiner dort oben auf dem Podest steht und vielleicht noch nicht
       mal unter den Top Ten gelandet ist - so heißt es in der Fernsehsprache,
       wenn einer unter die besten zehn kommt -, rümpfen wir, gemütlich
       eingemummelt in unsere Fleecedecke, schnell die Nase. Ausnahme
       Männerbiathlon: Wenn Ole (Einar Björndalen) ganz oben steht, sind uns
       (Frauen) die deutschen Männer zwischenzeitlich auch mal ein bisschen egal
       (auch wenn ihm mal jemand sagen könnte, dass es selbst einem wie ihm besser
       stehen würde, wenn der Rotz zwischendurch einfach mal weggewischt würde,
       aber das nur am Rande); mit dem schönen Ole fiebern wir immer ganz gewaltig
       mit.
       
       Jedenfalls erfüllt Biathlon derzeit am ehesten unsere Ansprüche - wehmütig
       denken wir gerade jetzt, kurz vor der Skiflug-WM, an die große Zeit des
       Skispringens zurück und ertappen uns dabei, dass wir schon mal zum
       Bügeleisen greifen und die Bügelwäsche wegarbeiten, wenn nach Engelberg
       oder Willingen umgeschaltet wird. Wir findens ein bisschen langweilig, wenn
       immer Thomas Morgenstern oder immer Janne Ahonen gewinnt. Wir können uns
       allerdings nicht erinnern, dass es uns in der großen Zeit von Martin
       Schmitt jemals langweilig gewesen ist, als er ein ums andere Mal den
       anderen um die Ohren flog. Und wir fandens auch unglaublich spannend, als
       Sven Hannawald alle vier Springen der Vierschanzentournee gewann. Nicht
       langweilig, ganz und gar nicht. Aber heute verziehen wir beim Skispringen,
       wenn wir vom Bügelbrett aufschauen, schnell mal das Gesicht, wie wir es
       auch verzeihen, wenn Kati Wilhelm danebenschießt, Felix Neureuther
       einfädelt oder Evi Sachenbacher-Stehle am letzten Berg müde und von einer
       Finnin abgehängt wird.
       
       Wir Fernsehzuschauer sind halt auch so, wie wir eben sind. Eins ist klar:
       Natürlich sind wir gegen Doping. Wir machen uns schon so unsere Gedanken,
       was da außer Training und Spagetti wohl noch im Spiel sein mag. Wir geben
       gerne zu, dass uns die Unbefangenheit beim Zuschauen seit geraumer Zeit
       komplett abhanden gekommen ist. Hier und da verdrängen wirs halt. Aber
       natürlich wollen wir nur saubere Leistungen sehen. Gute Leistungen, sehr
       gute Leistungen, aber saubere Leistungen, und am liebsten immer sehr gute,
       saubere Leistungen, bei jedem einzelnen Start. Wenn wir schon zuschauen,
       wollen wir eigentlich keine Schwächen sehen, das mögen wir nicht. Unsere
       Ansprüche auf das "Stockerl" (siehe oben) stehen, sonst schauen wir auf
       unserer Couch schnell nicht mehr richtig hin.
       
       Ein Tipp: Bevors langweilig wird, einfach mal rausgehen, selbst einen Berg
       hinauflaufen, sich aufs Rad setzen, Langlaufski unterschnallen, einen
       Skihang runterfahren. Alles mal ausprobieren, alles zu seiner Zeit, und
       selbst mal zu spüren bekommen, dass es nicht immer so klappen muss, wie man
       das gern hätte. Kann dem Topathleten eben auch passieren, da kann er so gut
       trainiert haben, wie er will. Ehrlich. Steht ihm auch zu. Sehen wir das
       ein? Akzeptieren wir das? Wäre ein feiner Zug.
       
       21 Feb 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Spitz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Biathlon
       
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