# taz.de -- Michel Gondrys Komödie "Abgedreht": Ghostbusters in Alufolie
       
       > Komiker Jack Black und Rapper Mos Def in einem Film - und dann spielen
       > sie auch noch Filmklassiker in absurdem Kostüm nach. Toll! Gondrys
       > "Abgedreht" ist eine Homage an die Nostalgie.
       
 (IMG) Bild: Kompetentes Videothek-Team: Melonie Diaz, Jack Black und Mos Def.
       
       Die nicht repräsentative Umfrage im Bekanntenkreis belegt es: Die Zeit der
       Videokassettenentsorgung ist angebrochen. In Massen werden sie von den
       Regalen geholt und in den Müll geworfen. Meist ohne jeden Anflug von
       Sentimentalität - die Videokassette war ein ziemlich ungeliebtes Medium.
       Was vielleicht auch an ihrer Unhandlichkeit lag und an der Tatsache, dass
       sich die Bänder nie an der richtigen Stelle befanden - immer hatte der
       Vorbenutzer das Zurückspulen vergessen. Die einfachen Gemüter freuen sich
       deshalb, dass es Filme jetzt nur noch auf DVD oder Festplatte gibt. Die
       komplizierteren denken über Paradigmenwechsel und die Veränderung der
       Sehgewohnheiten nach. Das Gefühl, mit dem Untergang der Videokassette als
       Medium etwas verloren zu haben, ist diffus und mit vernünftigen Argumenten
       nicht einfach zu fassen.
       
       In gewisser Hinsicht ist Michel Gondrys "Abgedreht" ein Versuch, dem
       Verlust einen Namen zu geben. Über weite Stellen gelingt ihm das auf jene
       melancholisch-charmante Weise, die das Markenzeichen des Regisseurs von
       "Eternal Sunshine of a Spotless Mind" und "Science of Sleep" ist. Wobei der
       Originaltitel einmal mehr den besseren Ton vorgibt: "Be kind rewind". Nicht
       nur, weil sich das eher reimt als "Seien Sie so gut und spulen Sie
       zurück!", sondern weil es tatsächlich im Film auch viel um "kindness" geht,
       jene Nettigkeit, die nachbarschaftliches Zusammenleben so viel angenehmer
       macht. Allerdings geht es auch darum, dass das Zurückspulen mit der
       Einführung neuer digitaler Medien nicht nur nicht mehr nötig, sondern vor
       allem nicht mehr möglich ist.
       
       Tatsächlich ist Nostalgie ja oft die Sehnsucht nach etwas, das es so nie
       gab, und in diesem Sinne ist "Abgedreht" ein zutiefst nostalgischer Film.
       Ort der Handlung ist irgendeine Straßenecke in New Jersey, genau da, wo es
       zwischen Mietwohnung und Fabriketage, zwischen Highway und Kraftwerk weder
       ländlich noch städtisch genug ist, um viel herzumachen. Dort also unterhält
       der grauhaarige Mr. Fletcher (Danny Clover) seinen angestaubten Videoladen.
       Ab und zu hilft ihm Mike (ungewohnt schüchtern und wortfaul: Rapper Mos
       Def) aus. Dessen bester Freund Jerry (Jack Black) lebt in einem Trailer und
       fühlt sich als Opfer von Verstrahlung aus dem nahen Kraftwerk. Auch für ihn
       gilt: Paranoid zu sein, bedeutet nicht, dass man nicht verfolgt wird. Jerry
       auf jeden Fall wird bei einem illegalen Abstecher auf das Kraftwerksgelände
       so stark elektromagnetisch aufgeladen, dass er bei seinem nächsten Besuch
       im Videoladen sämtliche Bänder löscht. Das ist deshalb besonders dumm, weil
       Mr. Fletcher gerade abgereist ist und den Laden in der besonderen
       Verantwortung von Mike hinterlassen hat. Was Jerry und Mike da noch nicht
       wissen: Mr. Fletchers Dienstreise stellt einen letzten Versuch dar, durch
       Beobachten der erfolgreicheren Konkurrenz die ihm drohende Geschäftsaufgabe
       abzuwenden. Denn die Stadt hat ihn vor die Alternative gestellt, entweder
       in die Renovierung des Gebäudes zu investieren oder eben aufzugeben und ins
       Altersheim zu ziehen.
       
       Während Mr. Fletcher also das ausgeklügelte System eines großen
       DVD-Verleihers ausspioniert - dort gibt es zur besseren Orientierung der
       Kunden nur noch zwei Abteilungen: Komödie und Action -, versuchen Mike und
       Jerry in bester Kleinstadtkomödientradition sich selbst zu helfen. Sie
       drehen die Videotheksklassiker einfach nach! Mit der Assistenz der schönen
       Alma (Melonie Diaz) entstehen 20-minütige Kurzversionen von "Ghostbusters",
       "Boyz n the Hood", "2001". Und siehe da, ihre "geschwedeten"- so taufen sie
       das eigene Verfahren - Versionen finden bei der Kundschaft so viel Anklang,
       dass sie schon bald mit dem Drehen kaum nachkommen.
       
       Es ist die dichteste und witzigste Sequenz in diesem Film: In schnell
       aneinandergeschnittenen Aufnahmen "dokumentiert" Gondry die
       Amateur-Dreharbeiten und damit die Hingabe und den Einfallsreichtum seiner
       Protagonisten, die sich nicht scheuen, selbst technisch versierte
       Spezialeffekte wie in "2001" mit einfachsten Mitteln nachzustellen. Die
       gezeigten Ausschnitte der "geschwedeten" Versionen sind liebevolle
       Miniaturen, die das Wesentliche der Filme aus der Sicht der Nerds
       zusammenfassen. Ein bisschen gleichen sie dabei jener Dutzendware, mit der
       YouTube täglich überschwemmt wird.
       
       Tatsächlich scheint es Gondry weniger um Originalität als um die Behauptung
       von Originalität zu gehen. Das bunte Völkchen, das da vor Mr. Fletchers
       Laden Schlange steht, besteht aus Modernisierungsverlierern. Für sie denkt
       sich Gondry hier eine Nachbarschaftskultur aus, die ihre Ideen ganz
       eklektizistisch aus der Mainstreamkultur nimmt und sich diese im Prozess
       des "Schwedens" aneignet. Manch Original wird dabei zum Traum, wie der
       legendäre Jazzmusiker, von dem sie fantasieren, er sei hier geboren. Am
       Ende drehen sie dessen Biopic. Frei nach dem Motto: Wer keine Zukunft hat,
       der muss sich eine Vergangenheit erfinden.
       
       3 Apr 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Schweizerhof
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ghostbusters
       
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