# taz.de -- UN-Tribunal urteilt: Freispruch für UÇK-Chef
       
       > Der frühere UÇK-Kommandeur und Ministerpräsident des Kosovo, Ramush
       > Haradinaj, entgeht einer Verurteilung. Viele Zeugen zogen ihre
       > belastenden Aussagen zurück.
       
 (IMG) Bild: Im Kosovo wurde das Urteil mit Begeisterung aufgenommen.
       
       SPLIT taz Kritik und Jubel zugleich hat das Urteil gegen den ehemaligen
       Kommandeur der "Kosova-Befreiungsarmee" UÇK, Ramush Haradinaj, durch das
       UN-Tribunal gegen Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien ausgelöst. Das
       Gericht konnte Haradinaj und dem mitangeklagten ehemaligen Chef der
       Spezialtruppe "Schwarze Adler", Idriz Balaj, weder Kriegsverbrechen noch
       die Verwicklung in kriminelle Aktivitäten nachweisen. Der dritte
       Angeklagte, der "kleinste Fisch", Lahi Brahimaj, erhielt 6 Jahre Haft.
       
       Als das Gericht die Freisprüche verkündete, kam es im Kosovo zu
       Jubelszenen. Viele Albaner sehen in Ramush Haradinaj einen Kriegshelden,
       der das Land von der serbischen Herrschaft befreit hat. Für kritischere
       Geister und für die meisten Serben gilt er als einer der schlimmsten
       Kriegsverbrecher aus den Reihen der UÇK, der zwischen März und September
       1998 in der Dukadjin-Region in West-Kosovo mindestens 60 Zivilisten
       entführt und ermordet haben soll. Dass albanische "Kollaborateure" und
       Serben in eigene Gefangenenzentren verschleppt, dort gefoltert und getötet
       wurden, konnte das Gericht jedoch ebenso wenig nachweisen wie die Haradinaj
       nach dem Krieg zur Last gelegten kriminellen Delikte.
       
       Allerdings bleibt nach dem Urteil ein bitterer Nachgeschmack. Viele der
       Zeugen zogen ihre ursprünglich gemachten Aussagen zurück oder wandelten
       belastende Passagen ab. Unter der Hand meinen kritische Kosovoalbaner,
       Haradinaj habe die Zeugen systematisch einschüchtern lassen. Tatsache ist,
       dass der 1968 geborene und 1989 ins Exil geflohene Haradinaj bis heute
       große Macht in dem nördlichen Teil Westkosovos auszuüben vermag. 1994 nach
       Kosovo zurückgekehrt, baute er die UÇK in dieser Region auf und gehörte
       unbestritten zu ihren mutigsten Kämpfern. Nach dem Krieg klagten viele
       Geschäftsleute in der Region und vor allem in der Stadt Peje/Pec über
       Schutzgelderpressung durch Haradinaj und seine Leute. Nach Kämpfen mit
       rivalisierenden Clans wurde er 2003 von US-Militärs gegen Nachforschungen
       durch die UN-Polizei in Schutz genommen. Haradinaj galt nach Gründung
       seiner Partei "Allianz für den Fortschritt" im Jahre 2001 als Favorit der
       Amerikaner und wurde 2004 sogar Premierminister in einer
       Koalitionsregierung mit der Partei des ehemaligen Präsidenten Ibrahim
       Rugova, LDK.
       
       Als das UN-Tribunal in Den Haag Anklage erhob, stellte sich Haradinaj
       jedoch freiwillig drei Monate nach Übernahme des Amtes. Während seiner Haft
       ließ er in Prishtina eine Villa auf dem Gelände eines kurzerhand
       enteigneten Kindergartens errichten und versorgte seinen Bruder mit einem
       pompösen Wohngebäude in der Hauptstadt des Landes, während er gleichzeitig
       um Spenden für die Prozesskosten bat. Ministerpräsident Hashim Thaci und
       Präsident Fatmir Sejdiu begrüßten das Urteil.
       
       ERICH RATHFELDER
       
       5 Apr 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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