# taz.de -- Fehler in Götz-Aly-Buch "Unser Kampf": Für Überraschungen gut
       
       > Götz Alys "Unser Kampf" behauptet: Benno-Ohnesorg-Todesschütze Karl-Heinz
       > Kurras soll einmal im Gefängnis gewesen sein. Nur wann und wo bloß?
       
 (IMG) Bild: Bestgelaunter Aly und sein Buch mit dem bemerkenswertem Fehler.
       
       Wenn man auch nur einen Bruchteil des derzeitigen 68er-Marathons in Berlin
       absolviert: Überall begegnet man Götz Aly. Natürlich nur virtuell. Die
       Empörung der "Alten" über Alys Vergleich der Studentenbewegung mit der
       Nazi-Bewegung ist nahezu jeden Abend herauszuhören. Bei der
       Fahrradniederlegung am Ort des Dutschke-Attentats griffen Claudia Roth und
       Hans-Christian Ströbele Aly ebenso an wie Johano Strasser bei einer
       Diskussionsveranstaltung in der Akademie der Künste am Mittwoch dieser
       Woche. Ohne Aly beim Namen zu nennen, distanzierte er sich von der Methode,
       "Wir waren alle Sünder!" rufend die gesamte 68er Bewegung zu diskreditieren
       und zugleich für eigene Verfehlungen in Sippenhaftung zu nehmen. Ähnlich
       äußerte sich Uwe Timm am Rande einer Preview eines auf seiner
       Benno-Ohnesorg-Erzählung basierenden Films in der vergangenen Woche im
       Buchhändlerkeller am Steinplatz. Aly, so Timm, salviere sich auf Kosten der
       gesamten Bewegung.
       
       Nun ist Götz Aly in seinem Buch "Unser Kampf" gerade im Zusammenhang mit
       dem Tod Benno Ohnesorgs, der, zumal ungesühnt, so vieles auslöste, vor
       lauter Bußfertigkeit ein bemerkenswerter Fehler unterlaufen, von dem
       erstaunt, dass er in der aufgeregten Debatte niemandem aufgefallen ist. Aly
       beschreibt richtig, dass Karl-Heinz Kurras, der Beamte der politischen
       Polizei, der Ohnesorg erschossen hatte, in erster Instanz freigesprochen
       worden war. Fotos zeigten ihn nach dem Freispruch, mit Kollegen fröhlich
       lachend. Doch in zweiter Instanz sei Kurras zu zwei Jahren Gefängnis
       verurteilt worden, wovon er vier Monate abgesessen habe. Also, denkt man,
       gab es doch Gerechtigkeit! Nur ist daran kein Wort wahr.
       
       Kurras saß keinen Tag im Gefängnis, keine Minute. Ihn hinter Schloss und
       Riegel zu fantasieren, bedeutet nicht weniger, als die Empörung einer
       ganzen Generation über die wiederholten Freisprüche für einen Polizisten,
       der einen Demonstranten erschossen hatte, der Grundlage zu berauben.
       
       Nicht nur der Autor, auch der Fischer Verlag und dessen Lektor Walter Pehle
       müssen sich die Frage gefallen lassen, wie ein derart krasser Fehler je
       gedruckt werden konnte. Dass sich eine ähnliche Darstellung ausgerechnet
       auf der Internetseite der "Roten Hilfe" findet, in deren Reihen Aly einst
       marschierte, wäre da eine denkbar schwache Entlastung. Juristisch gesehen
       könnte Kurras gegen diese nicht Vor-, sondern Nachverurteilung vorgehen.
       Hat man nicht viel Mühe und Geld - die Rede ist von 60.000 Mark für den
       Anwalt Roos aus dem Rechtsfond der Gewerkschaft der Polizei - darauf
       verwandt, damit Kurras freigesprochen wird? Um hinterher zuzulassen, dass
       Kurras Jahrzehnte später doch noch verurteilt wird, und sei es auch nur in
       Alys Fantasie? Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Kurras: "Das
       interessiert mich alles nicht mehr." UWE SOUKUP
       
       18 Apr 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Soukup
       
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