# taz.de -- Schülerstreik: Schwänzen für bessere Schule
       
       > Beim dritten Berliner Schulstreik demonstrieren Schüler und Studenten
       > gegen große Klassen, kostenpflichtige Bücher, Schulfabriken - und zu viel
       > Stress. Kritik an Schulen, die Schüler einsperren.
       
       Klassen mit mindestens 27 Schülern, keine finanzielle Unterstützung für den
       Kauf von Büchern, den ganzen Tag Stress: So sieht Florian Heber, Sprecher
       der Linksjugend Solid, den Alltag an Berliner Schulen. Heber ist Teil der
       Schülerinitiative "Bildungsblockaden einreißen", die für heute den dritten
       Berliner Schulstreik organisiert hat. Die Initiative setzt sich aus
       Landesschülervertretung, Linksjugend, Grüner Jugend, Attac, Antifagruppen
       und Studentenverbänden zusammen. Zur Demonstration werden rund 10.000
       Teilnehmer erwartet.
       
       "Seit unserem letzten Streik hat sich in den Schulen nichts zum Besseren
       gewendet", sagt Heber. Der Streik der Schüler richtet sich vor allem gegen
       die wachsende "soziale Selektion" an den Schulen. Lee Hielscher, Mitglied
       der Schülervertretung: "Durch die Zusammenlegung mehrerer Schulstandorte
       entstanden in Berlin Schulen mit 2.500 bis 3.000 Schülern. Reichere
       Familien können ihre Kinder einfacher aus dieser Masse befreien, indem sie
       diese auf Privatschulen schicken." Die übrigen Schüler gingen in großen
       Klassen unter, die meistens mindestens 27 Schüler stark seien. Individuelle
       Förderung sei da unmöglich, so Hielscher. Nachteilig sei auch die Straffung
       der Abiturzeit auf acht Jahre. "Der Schulalltag ist der pure Stress." Hinzu
       komme eine weitere Ausgrenzung einkommensschwacher Familien durch die
       Streichung der Lernmittelfreiheit.
       
       Katja Hintze, Mitglied des Landesverbands Schulischer Fördervereine Berlin,
       ist anderer Meinung. "Deswegen wurden an den Schulen Lernmittelfonds
       eingerichtet. Mit diesen werden ärmere Familien unterstützt." Trotzdem
       fehle Geld, was zu einer Vielzahl von Fördervereins-Neugründungen geführt
       habe, so Hintze. "Allein in dem letzten halben Jahr haben sich fünfzig neue
       Fördervereine bei uns angemeldet."
       
       Die Studenten treibt der Protest gegen das Bachelor-System auf die Straße.
       "Bachelor-Studiengänge haben eine Regelstudienzeit von drei Jahren. Da der
       Stoff nicht an die verkürzte Studienzeit angepasst wurde, hat sich die
       Arbeitsbelastung erhöht", beschwert sich Georg Frankl vom
       Landeskoordinierungskreis der Sozialistischen Deutschen Studentenbunds
       (SDS). Ein Problem sei auch die die Sparpolitik des Senats. Die habe etwa
       dazu geführt, dass an der Freien Universität die Indologie geschlossen
       werden musste, so Frankl. "Der Senat begründet die Konsolidierung mit dem
       Argument, dass sie zukünftigen Generationen, also uns, zugute kommen würde.
       Die Realität sieht leider ganz anders aus", erörtert Frankl.
       
       Logistische Unterstützung erhält die Schülerinitiative mit ihrem Streiktag
       von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ein Sprecher
       erklärt: "Wir haben die Flyer für die Schüler gedruckt."
       
       Auch die Linke unterstützt den Streik. "Ich finde es richtig, dass sich die
       Schüler und Studenten für ihre Rechte eintreten und dafür Regeln brechen",
       sagt Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linken. Er
       kritisiert, dass beim letzten Streik manche Schulen die Schüler eingesperrt
       haben, damit sie nicht an den Protesten teilnehmen können. Laut Hielscher
       lassen sich die Schüler von solchen Maßnahmen allerdings nicht abhalten.
       Auch heute werden sie wohl wieder die Schule schwänzen.
       
       21 May 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lukas Dubro
       
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