# taz.de -- Das Ende von "Polylux": Eine tapfere Formatleiche
       
       > "Gestern noch abgesetzt, heute auf Sendung": Tita von Hardenberg nimmt
       > die Absetzung ironisch. Auch sonst bleibt Polylux sich treu und
       > präsentiert wieder "Trends", Mainstream und Larifari.
       
 (IMG) Bild: Isst nicht gern Tageszeitungen: "Polylux"-Moderatorin Tita von Hardenberg.
       
       BERLIN taz Polylux hat beschlossen, eine tapfere Formatleiche zu werden.
       "Gestern noch abgesetzt, heute auf Sendung - das muss uns erstmal einer
       nachmachen", sagt Moderatorin Tita von Hardenberg zur Begrüssung in die
       Kamera, mit ihrem typisch sphinxartigen Gesichtsausdruck. Am Ende des
       Satzes hebt sie den rechten Mundwinkel leicht an - das Signal für
       polyluxsche Ironie.
       
       Endlich gebe es keine Tabus mehr, nun könne sich die Sendung endlich allen
       Themen widmen, die man sich bisher verkniffen hat, sagt von Hardenberg
       weiter. Und moderiert dann einen Beitrag über den neuen "Sex and the
       City"-Film an. Der Mundwinkel bleibt unten. Mist, merkt der Zuschauer - das
       ist kein Witz - jetzt gibt es tatsächlich sechs Minuten Beitrag über den
       Stöckeltussiefilm. Mit Fans, einer Feministin und der Synchronstimme von
       Serienhauptfigur Carrie, die im Privatradio eine Erotiksendung moderiert.
       Gähn. Absolut ironiefrei und mit dem Abschlusssatz "Mädels, schnallt euch
       die Highheels an und ab ins Kino." Was für ein Start ins
       Formatleichendasein! War Polylux nicht einmal als innovatives Magazin für
       Popkultur und Schräges angetreten? Öffentlich-rechtlicher kann man ein
       Thema kaum präsentieren.
       
       Überboten wird das nur noch von einem Beitrag einen der "Trends", die
       Polylux für jede Sendung ausbuddeln. Dieses Mal ist es das
       Gedichterezitieren unter Jugendlichen. Poetry Slams und so. Was daran neu
       ist? Unklar. Vielleicht, dass Neulyriker blutjung sind, zwischen 12 und 15.
       Einige von ihnen sind hochbegabt, andere konsumkritisch. Vorbei die Zeiten,
       wo Gedichte nur was für Streber waren, sagt der Beitrag. Einen "Trend", der
       am Beispiel von vier pubertierenden Poeten belegt wird. Fast jede Woche
       saugt sich die Polylux-Redaktion einen ähnlich substantiellen Trend aus den
       Fingern. Wie waghalsig das manchmal ist, zeigt die Geschichte, bei der sich
       Polylux vor ein paar Wochen bis auf die Knochen blamierte - weil sie in
       einem Beitrag über Alltags-Speeder auf die abstruse Geschichte eines
       Witzboldes hereinfiel, der behauptete, ohne Speed an seinem stressigen
       Studium zu scheitern.
       
       Polylux ist müde, scheint die ganze Sendung zu schreien. Gute Bildideen und
       musikvideoartige Schnitte, einst Markenzeichen der Sendung, werden nur noch
       da eingesetzt, wo der Inhalt so dünn ist, dass der Beitrag sonst kaum
       trägt. Etwa wenn Juso-Chefin Drohsel und FDP-Mann Lindner Plattitüden über
       Armut in Deutschland austauschen. Ein Beitrag über Polen, die zweite
       Weltkriegsschlachten nachstellen, bleibt blass und oberflächlich. Und zu
       guter Letzt noch ein einfallsloses Portrait des "Stromberg"-Gagschreibers.
       Warum? Weil er ein Buch geschrieben hat - das ist fast schon
       Grundvoraussetzung, um Protagonist eines Polylux-Beitrags zu werden.
       
       Sicher ist es nicht einfach, mehr als zehn Jahre lang junges
       Popkulturfernsehen zu machen. Schließlich hat Polylux das Musikfernsehen
       quasi überlebt und sich als Fremdkörper im vollends entschlafenen RBB
       wacker gehalten. Aber so uninspiriert und larifari, wie sich die Sendung
       jetzt präsentiert, wird ihr Fehlen keine Lücke ins TV-Programm reißen. Da
       hilft auch die nervig-stoische Coolness der Sendung nicht. "Erst wenn die
       letzte Polylux-Sendung ausgestrahlt ist, werdet ihr merken, dass man die
       FAZ nicht essen kann", kalauert von Hardenberg zum Abschied. Der Mundwinkel
       schnellt nach oben.
       
       23 May 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Meike Laaff
       
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