# taz.de -- Menschenrechtsaktivismus kostet Lizenz: Peking rächt sich an Anwalt
       
       > Der Menschenrechtsanwalt Teng Biao verliert seine Zulassung, weil er
       > Regimekritiker verteidigt. Kollegen in Anwaltskanzleien könnte es ähnlich
       > ergehen.
       
 (IMG) Bild: Wurde nun selbst Opfer der schlechten Menschenrechtslage in China: Teng Biao.
       
       PEKING taz "Ohne Änderung des politschen Systems kann sich die Lage der
       Menschenrechte in China nicht verbessern." Der Pekinger Rechtanwalt Teng
       Biao nimmt kein Blatt vor den Mund. Dafür wird der 34-Jährige jetzt
       zusammen mit seinem Kollegen Jiang Tianyong bestraft. Chinas Justiz
       verweigert den beiden die jährliche Erneuerung der Lizenz. Die lief am 31.
       Mai aus.
       
       "Unsere Lizenz wird aus politischen Gründen nicht verlängert," sagt Teng
       der taz. "Ich bin in vielen Menschenrechtsfällen aktiv". Vor allem seine
       öffentlich erklärte Bereitschaft, wegen der Unruhen vom März angeklagte
       Tibeter verteidigen zu wollen, habe die Behörden erzürnt. "Man will
       verhindern, dass ich Menschenrechtsfälle übernehme." Laut Human Rights
       Watch sei auch die Verlängerung der Lizenzen für mehrere Kanzleien
       verzögert worden, bei denen Menschenrechtsanwälte arbeiten, um diese unter
       Druck zu setzen.
       
       Der besonnen wirkende Teng hatte im April einen Offenen Brief von 20
       chinesischen Anwälten initiiert. Darin werden die Behörden aufgefordert,
       sich bei der Strafverfolgung mutmaßlicher tibetischer Randalierer an die
       Gesetze zu halten, die Unabhängigkeit der Justiz zu achten und Verdächtige
       nicht zu foltern. Zudem erklären sich die Anwälte zur Verteidigung der
       mehrere hundert Verdächtigen bereit.
       
       "Tibet ist für die Regierung sehr sensibel," sagt Teng. Er selbst hat schon
       Anhänger der Falun-Gong-Sekte, Wanderarbeiter, Christen sowie
       Menschenrechtsanwälte verteidigt. 2003 war er von Chinas Justizministerium
       als "eine der zehn wichtigsten Persönlichkeiten des Rechtswesens"
       ausgezeichnet worden.
       
       Teng, der auch Juradozent ist, eine Fachzeitschrift herausgibt und für die
       Menschenrechtsorganisation "Open Constitutionel Initiative" arbeitet,
       veröffentlichte im letzten September mit dem Aids-Aktivisten und Blogger
       Hui Jia einen olympiakritischen Text. Der fordert Besucher der Spiele auf,
       hinter die glitzernde Fassade zu schauen. "Generell bieten die Spiele die
       Gelegenheit, Chinas weiter für die Welt zu öffnen und der Welt zu helfen,
       China besser zu verstehen," sagt Teng. "Bei genauer Betrachtung haben die
       Spiele aber auch Nachteile, weil mit ihnen die Vertreibung von Menschen für
       Bauten verbunden ist." Wenn die Spiele nicht genutzt würden, um
       Menschenrechte einzufordern, werde eine Chance vertan. "Ich bin vom
       Internationalen Olympischen Komitee sehr enttäuscht," sagt Teng. "Das IOC
       sollte negative Auswirkungen der Spiele verhindern und wissen, wieviele
       Menschen dafür umgesiedelt und wieviele Olympiakritiker verhaftet wurden,
       und dagegen etwas tun."
       
       Tengs Ko-Autor Hui Jia wurde am 3. April zu dreieinhalb Jahren Haft wegen
       "Aufrufs zur Untergrabung der Staatsgewalt und des sozialistischen Systems"
       verurteilt. "Hu Jia hat viele regierungskritische Artikel geschrieben,"
       sagt Teng. "Doch die Regierung kann Kritik kaum aushalten." Das zeigt sich
       auch bei Teng. Er hatte am 10. Dezember, dem internationalen Tag der
       Menschenrechte, vor Berlins Brandenburger Tor die Olympiakampagne "Gold für
       Menschenrechte" von amnesty international gestartet und in Interviews die
       Situation in China kritisiert. Gegenüber der taz lobte er das
       vorangegangene Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Dalai
       Lama. Der Einsatz für Menschenrechte in Tibet helfe auch den Chinesen, so
       Teng.
       
       Im Januar wurde ihm der Pass entzogen. Auslandsreisen sind nicht mehr
       möglich. Doch Teng, der wie ein Musterschüler wirkt, liess sich nicht
       einschüchtern. Am 6. März wurde er deshalb von Agenten der Staatssicherheit
       vor seiner Haustür in ein Auto gezerrt und 48 Stunden entführt. Seine
       Kidnapper verhörten ihn stundenlang und forderten ihn auf, nicht mehr mit
       Journalisten zu sprechen. Später drohte ihm auch die Universität mit
       Kündigung, sollte er sich weiter stark für Menschenrechte einsetzen.
       
       "Ich bin bereit, Opfer zu bringen," sagt Teng, der weiter mit Journalisten
       sprechen will. Wisse er, dass er für etwas sicher ins Gefängnis komme,
       mache er es nicht. Aber er wolle seine Rechte wahrnehmen und weiter
       Menschenrechtsaktivist sein. Zum 4. Juni, dem morgigen 19. Jahrestag des
       "Tiananmen-Massakers", sagt er, der Traum von Demokratie in China werde
       eines Tages wahr werden. Schon heute gebe es mehr Freiheiten. "Aber nicht
       durch die Politik der Regierung, sondern weil mutige Bürger sie erkämpfen."
       
       3 Jun 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
       
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