# taz.de -- Genossenschaften: Energiewende von unten
       
       > Potsdamer Sonnenfreunde haben eine Genossenschaft gegründet, um
       > Solaranlagen auf den Dächern der Stadt zu finanzieren.
       
 (IMG) Bild: Dieses Haus in Marburg hat schon eine Solaranlage auf dem Dach - und auch auf Potsdams Dächern soll bald mehr Solarstrom erzeugt werden.
       
       Potsdam gilt mit seinem Wissenschaftspark am Telegraphenberg als Mekka der
       Klimaforschung. Doch im Klimaschutz durch regenerative Energien passiert zu
       wenig, finden die Mitglieder des örtlichen Solarvereins. Sie haben eine
       Genossenschaft gegründet, um die Dächer der Stadt großflächig mit
       Photovoltaikanlagen zu verschönern. Der norddeutsche Genossenschaftsverband
       freut sich über das neue Interesse an der etwas vergessenen
       Unternehmensform und bietet Beratung zum Sondertarif. Am heutigen
       Internationalen Tag der Genossenschaften präsentieren sich die
       Solarpioniere auf einer Tagung in Rheine im Münsterland.
       
       Wenn Sophia Haebel von ihrem Projekt spricht, gerät die nüchterne
       Chemikerin ins Schwärmen: "Wir wollen jedem Bürger die Produktion von
       eigenem sauberen Strom ermöglichen, das ist die intelligenteste Antwort auf
       die weltweite Energiekrise." Auf der Suche nach der passenden
       Unternehmensform sind die Aktivisten schnell auf die Genossenschaft
       gestoßen, die Vorteile lägen auf der Hand: "Unsere Genossen gehen keine
       Risiken bei der Haftung ein, das Projekt kann leicht wachsen und die
       Entscheidungen sind sehr demokratisch", erklärt Haebel, die bei einer
       staatlichen Agentur auch beruflich neue Energien fördert.
       
       Im April wurde das Unternehmen gegründet, zurzeit wartet man auf die
       rechtliche Anerkennung, und noch im kommenden August sollen die Bauarbeiten
       für die erste Photovoltaikanlage auf dem Dach der Montessori-Oberschule in
       Potsdam-West beginnen. Der schmucklose DDR-Plattenbau hat die optimale
       Dachausrichtung für das Vorhaben. Vor Baubeginn müssen aber noch weitere
       Mitstreiter gefunden werden, es fehlt noch Startkapital für die knapp 60 kW
       starke Anlage.
       
       Die Leiterin der Montessorischule, Ulrike Kegler, freut sich trotzdem schon
       jetzt, auf dem Dach bald ausreichend Lehrinhalte für einige Physikstunden
       zu haben. Schade sei bloß, dass die marode Substanz des Schulgebäudes
       selbst unverändert bleibe, so Kegler.
       
       Ob bald alle geeigneten Dächer der Region von Genossenschaften zum
       Kraftwerk gemacht werden, bleibt allerdings abzuwarten. Jürgen
       Hübner-Kosney vom Solarverein Berlin-Brandenburg setzt beispielsweise ganz
       auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) für seine Solaraktivitäten:
       "Den Vorteil der Genossenschaftsform müsste mir erst mal jemand erklären."
       Wegen der Schadenshaftung sei man versichert und eine GbR sei viel
       einfacher zu gründen.
       
       Für kleinere Initiativen ist das Genossenschaftsmodell zu aufwändig, gibt
       auch Sophia Haebler zu, aber man habe große Pläne und gute Erfahrungen mit
       dem zuständigen Verband gemacht. Das bestätigt Andreas Eisen, der die
       Potsdamer Solarpioniere für den norddeutschen Genossenschaftsverband berät
       und prüft. "Ein gutes Konzept soll nicht an den Kosten scheitern, deshalb
       haben die Potsdamer von uns ein besonders günstiges Prüfangebot bekommen",
       so Eisen. Er freut sich, dass mit jeder neu gegründeten Genossenschaft das
       verstaubte Gummistiefelimage seines Verbands weiter verblasse.
       
       Bei der heutigen Tagung der Energiegenossen wollen Andreas Eisen und die
       Solaraktivisten aus Potsdam von ihren Erfahrungen berichten. Vielleicht
       findet Sophia Haebler auf diesem Weg ja noch weitere Genossen zur
       Finanzierung ihrer Anlage. Haebler ist jedenfalls optimistisch, dass im
       September die ersten Platten auf dem Schuldach montiert werden können.
       
       Kontakt und weitere Infos: [1][www.potsdamer-solarverein.de]
       
       5 Jul 2008
       
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