# taz.de -- Die größte Bierbrauerfusion aller Zeiten: Hackedichter Markt
       
       > Der belgische Brauer InBev kauft den US-Konkurrenten Anheuser-Busch und
       > sorgt damit für noch mehr Konzentration auf dem Markt fort. Besser wird
       > das Bier dadurch nicht.
       
 (IMG) Bild: Bud schmeckt wahrscheinlich genauso wie vorher: eben wie US-Plörre
       
       BERLIN taz Das Bier kommt auf den Hund: Eine kleine niederländische
       Brauerei bietet "ein Bier für Deinen besten Freund" an. Die Marke heißt
       "Kwsipelbier", etwa: "Schwanzwedel". Das alkoholfreie Gebräu besteht aus
       Rindfleischextrakt nebst Malz und wird dem Hund lauwarm serviert. Die
       Bierbrauer versuchen derzeit alles, um zu überleben.
       
       Sie suchen die Nische, oder sie schlucken sich gegenseitig. Am Montag hat
       der belgisch-brasilianische Großkonzern InBev für 52 Milliarden Dollar die
       US-Brauerei Anheuser-Busch gekauft. Da das Geschäft anfangs nach einer
       feindlichen Übernahme aussah, hatte zuletzt sogar der demokratische
       US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama aus Sorge um den Verlust von
       Arbeitsplätzen versucht, die Fusion zu verhindern. Vergeblich.
       
       Diese Fusion ist ein weiteres Indiz für die Krise, in der sich die Branche
       befindet. Das gilt auch für Deutschland. Früher servierte Oma Biersuppe zum
       Mittagessen, und Playmobil verkaufte in einer Schachtel mit Bauarbeitern
       gleich noch die kleine Plastikkiste Bier mit. Doch schon seit fast 15
       Jahren sinkt der Absatz von Bier. Mittlerweile kommt jeder Deutsche nur
       noch auf 112 Liter im Jahr. Mitte der Siebzigerjahre waren es noch 150
       Liter.
       
       Auf das "einzig Wahre", die "Perle der Natur", auf "keine Kompromisse" hat
       das Volk der Biertrinker nur noch mäßig Durst. Die einstigen Trinker werden
       alt und genügsam, eine neue trendige Hopfen-und-Malz-Szene gibt es aber
       nicht. Die Eckkneipe verkommt zum Auslaufmodell. Die Pressesprecher von
       Warsteiner, Krombacher oder Veltins beklagen den "demografischen Wandel".
       "Die verwenderfreudige Zielgruppe" werde kleiner, sagen sie. Denn "die
       Ausgehfreudigen zwischen 20 und 35 trinken Energydrinks, die Bionaden
       dieser Welt oder Cocktails".
       
       Der Markt ist abgefüllt. Zugleich - und das ist das nächste Problem -
       steigen die Preise für die Rohstoffe und wird die Herstellung teurer. Viele
       Bauern setzen auf die mit staatlichen Subventionen gedüngten
       Bioenergiepflanzen. Für die Bier-Ingredienzen Gerste und Hopfen bleibt kaum
       Platz. So ist der Preis für Braugerste, aus der das Malz gewonnen wird,
       letztes Jahr um fast 90 Prozent gestiegen.
       
       Malz schlägt zwar nur mit 6 Prozent und Hopfen nur mit 1 Prozent bei den
       Produktionskosten zu Buche. Das ist für sich genommen nicht viel. Aber die
       Posten summieren sich. Im Sudhaus brauchen die Brauer viel Hitze, und
       Energie kostet auch immer mehr. Obendrein steigen die Preise für die
       Glasflaschen. Eine Alternative dazu gibt es nicht. Die Kunden verschmähen
       Kunststoff, und die Dose hat ausgedient, seit man dafür Pfand zahlen muss.
       
       Auf dem Getränkemarkt wird deshalb so viel fusioniert wie auf kaum einem
       anderen Markt. Zwar bieten 1.300 Brauereien hierzulande 5.000 Biersorten
       an, doch nur zehn Konzerne beherrschen 70 Prozent des deutschen Geschäfts.
       So gehören InBev längst Label wie Becks, Diebels oder Löwenbräu, und hinter
       den Marken Kölsch, Jever oder Clausthaler verbirgt sich der deutsche
       Branchenführer, die Radeberger Gruppe. Der dänische Carlsberg-Konzern
       schließlich hat sich Holsten und Astra einverleibt.
       
       Man muss sich nur die Internetseiten der Bierbrauer anschauen, dann weiß
       man, wie sich die Premiummarken der kritischen Zukunft stellen: Mit
       aggressiver Werbung versuchen sie, Bierverächter zu bekehren - das sind
       erstens die Frauen, zweitens die Jugendlichen, drittens die Sportler. Etwa
       die Bremer Brauerei Beck und Co: Frauen im Bikini preisen auf
       [1][www.becks.de] "Becks Gold" an. Die Sorte ist milder als das
       herkömmliche Bier. Auf der Homepage von Veltins vergnügen sich hippe, junge
       "people" am "V+Paradise Beach", man kann "vlirten, vreizeit und verreisen"
       - und chatten bei vplusfriends.de. Die bunten V+ Biermischgetränke mit
       Lemon oder Cola sind dabei eher Staffage - die sich für Veltins dennoch zu
       einem einträglichen Nebengeschäft entwickelt. Andere geben sich derweil
       sportlich: "Löscht den Durst nach dem Sport", preist Erdinger sein
       alkoholfreies Weizenbier an.
       
       Viele Möglichkeiten bleiben den Brauern jedoch nicht: Der deutsche
       Biertrinker ist ein Gewohnheitsmensch - und trinkt allen Moden zum Trotz
       noch immer zu 60 Prozent Pils, nur zu 6 Prozent Weizen und zu nur 5 Prozent
       Biermischgetränke.
       
       Das globalisierte Geschmackseinerlei lehnt dann aber doch so mancher
       Bierfreund ab und bevorzugt stattdessen Bier aus kleineren Fabriken. Das
       Tannenzäpfle-Bier aus der badischen Staatsbrauerei Rothaus ist längst
       bundesweit in Mode - trotz eines altmodischen Etiketts mit blondem Mädel in
       Dirndl und blauem Kopftuch. Mancher reist nach Bamberg, um das örtliche
       Rauchbier zu testen. Und in Berliner Bars kommt neuerdings Helles der
       Münchener Augustiner Brauerei auf den Tisch. Die internationale Bierbranche
       spaltet sich - in ganz große und ganz kleine.
       
       14 Jul 2008
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.becks.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA