# taz.de -- Kommentar: Streitraum Bethanien: Immobilien als Gestaltungsfaktor
       
       > Das Künstlerhaus Bethanien verlässt den Mariannenplatz. Was aussieht wie
       > eine Pleite für den Bezirksbürgermeister, ist tatsächlich ein Gewinn.
       
       Christoph Tannert geht. Zwar sind die Verträge noch nicht unterzeichnet,
       aber es scheint unausweichlich. Tannert verlässt mit seinem Künstlerhaus
       Bethanien den angestammten Platz am Mariannenplatz. Bezirksbürgermeister
       Franz Schulz (Grüne) ist es nicht gelungen, den jahrelangen Streit zwischen
       den Nutzern der Kreuzberger Immobilie zu schlichten. Und doch steht der
       viel gescholtene Dorfschulze am Ende als Gewinner da.
       
       Schulz hat erkannt, dass das Land Berlin seine Immobilien nicht nur
       verscherbeln kann, um Haushaltslöcher zu stopfen. Sie sind vielmehr einer
       der letzten Aktivposten, die der hochverschuldeten Stadt geblieben sind.
       
       Beim Bethanien hatte der Bezirk für diese Erkenntnis noch Nachhilfe von
       unten gebraucht. Erst per Bürgerbegehren war der Verkauf gestoppt worden.
       Seither ist die soziokulturelle Nutzung des Hauses festgeschrieben. Die
       Folgekonflikte zwischen den Künstlern im einen Teil und der anarchischen
       Besetzerklientel im anderen haben sich trotz aller Vemittlungsversuche als
       unüberwindbar herausgestellt. Aber wer sagt denn, dass immer alles beim
       Alten bleiben muss? Zumal, wenn es dank vorausschauender Politik
       Ausweichquartiere gibt, etwa den Gewerbehof an der Kohlfurter Straße.
       
       Das künftige Domizil für das Künstlerhaus ist keineswegs vom Himmel
       gefallen. Zwar gehört es längst nicht mehr dem Land, doch beim Verkauf
       wurde festgeschrieben, dass das Gebäude mindestens zur Hälfte
       kulturwirtschaftlich zu nutzen ist - auf Drängen des Bezirks.
       
       So fügt sich eins zum anderen. Tannert bekommt neue Räume bei einem
       kulturaffinen Investor. Der gewinnt einen imagefördernden Mieter für seine
       Immobilie. Der Streit im Bethanien ist entschärft. Und der Bezirk behält
       trotz aller Verstimmungen das Künstlerhaus im Kiez.
       
       Die Stadt investiert nicht mehr in Immobilien, sondern sie investiert die
       Immobilien in ihre eigene künftige Gestalt. Grundstücke sind immobil. Ihre
       Nutzer aber sind mobil - nicht nur die Mieter, auch die Investoren. Man
       kann sie wie Puzzlestücke verschieben, bis es passt. Das erfordert Geduld.
       Vor allem aber den guten Willen aller Beteiligten.
       
       Schulz hat gezeigt, dass man die Vorgaben eines Bürgerbegehrens mit den
       Interessen von Immobiliennutzern unter einen Hut bringen kann. Das ist eine
       gute Vorgabe - auch für den Umgang mit den Spreeufern.
       
       23 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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