# taz.de -- Streubomben in Georgien: Fatale Geschosse auf Gori
> Laut Human Rights Watch soll das russische Militär Streubomben eingesetzt
> haben, die das Land für lange Zeit kontaminieren würden. Die russische
> Militärführung dementiert den Einsatz solcher Waffen.
(IMG) Bild: Russicher Soldat auf Patrouille in Gori.
TIFLIS/MOSKAU dpa/afp/taz Die im Konflikt um Südossetien kämpfenden
Parteien warfen sich gestern gegenseitig zahlreiche Gräueltaten und
Menschenrechtsverletzungen vor. Auch unabhängige Organisationen beteiligten
sich an der Bilanz. Nach Darstellung von Human Rights Watch haben russische
Truppen bei Luftangriffen auf die Stadt Gori und die Ortschaft Ruisi nahe
der Grenze zu Südossetien am vergangenen Dienstag Clusterbomben vom Typ
RBK-250 abgeworfen. Insgesamt seien in Georgien dadurch mindestens elf
Menschen getötet und Dutzende verletzt worden, sagten Sprecher von Human
Rights Watch. Die Organisation besitzt unter anderem in der georgischen
Stadt Gori aufgenommene Videofilme, auf denen für diese Waffen typische
Explosionen zu sehen sind. Auch die bei der Bombardierung entstandenen
Krater zeugen vom Einsatz solcher Bomben.
Human Rights Watch konnte im Hospital von Gori mehrere Patienten mit von
solchen Waffen verursachten Verletzungen der inneren Organe interviewen.
Unter den Todesopfern der betreffenden Angriffe ist auch der
niederländische Journalist Stan Storimans. Sein israelischer Kollege Zadok
Jehezkeli wurde schwer verwundet, zuerst in Tiflis behandelt und dann in
seine Heimat ausgeflogen. Auch ein Panzerfahrzeug der Nachrichtenagentur
Reuters wurde bei dem Angriff durchlöchert.
Moskau dementierte unterdessen die Vorwürfe. "Wir haben die sogenannten
Clusterbomben nicht eingesetzt, weil das nicht nötig war", sagte der
stellvertretende Generalstabschef Anatoli Nogowitsyn am Freitag in Moskau.
Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums versicherte, die
betreffenden Nachrichten seien eine Frucht georgischer
Desinformationspolitik.
US-Außenministerin Condoleezza Rice traf gestern in Georgien ein. Sie will
dort auf einen schnelleren Abzug der russischen Truppen drängen und warnte
im Vorfeld Moskau vor einer "vertieften Isolation". Die US-Außenministerin
bemühte sich um Unterstützung für den 6-Punkte-Plan des französischen
Ministerpräsidenten zur Beilegung des bewaffneten Konflikts. Georgien und
Russland haben dem Friedensplan zwar generell zugestimmt, ihn aber noch
nicht formell unterzeichnet. Vorrangige Ziele sind dabei ein
Waffenstillstand und Rückzug der Truppen Russlands und Georgiens auf ihre
Vorkriegspositionen.
Davon ist bisher nicht viel zu bemerken. Die russischen Truppen sind zwar
aus dem Stadtbild von Gori verschwunden, wahren aber ihre Positionen tief
im Inneren Georgiens. Nach Angaben des georgischen Innenministeriums sind
am Freitag in Georgien an verschiedenen Stellen drei russische Raketen
eingeschlagen. Außerdem habe die russische Armee den Stützpunkt der
Hafenwache in Poti besetzt. Die Russen hatten dort in den vergangenen Tage
mehrfach Schiffe versenkt.
Unterdessen kehrten nach russischen Medienberichten erste Flüchtlinge in
die von georgischen Truppen verwüstete südossetischen Hauptstadt Zchinwali
zurück. Mitarbeiter des russischen Ministeriums für Katastrophenschutz
stellen dort die Strom- und Wasserversorgung wieder her. Versorgt würden
vorrangig Krankenhäuser, Bäckereien, Pumpstationen und die Polizei, "damit
in der Stadt wieder Ordnung einkehrt", erklärte Russlands
Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu am Donnerstagabend. Seine Leute
versorgen die Region vom russischen Nordossetien aus. Gestern brachten sie
nach eigenen Angaben weitere 190 Tonnen Baumaterialien und Lebensmittel.
Während russische Einheiten versuchen, den Folgen der jüngsten humanitären
Katastrophe in Südossetien zu begegnen, verursachen sie in anderen Regionen
neuen Schaden. Die georgische Regierung benötigt US-Hilfe.
Dennoch ist Ministerpräsident Saakaschwili offenbar noch nicht bereit,
Condoleezza Rize allzu weit entgegenzukommen. Während der CNN-Sendung
"Larry King Live" sagte er, sein Land müsse den französischen Friedensplan
noch prüfen, und forderte internationale Friedenskontingente. "Die Russen
versuchen, ihre Invasion zu rechtfertigen und ihre Anwesenheit in Georgien
zu legalisieren. Ohne wahre internationale Friedenssoldaten, ohne wahre
internationale Transparenz werden diese Leute uns und dem Rest Europas noch
viel mehr Ärger machen."
16 Aug 2008
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