# taz.de -- Geplantes Atommüll-Lager in Lothringen: Streit zwischen Paris und Berlin droht
       
       > Frankreich plant ein weiteres Atommüll-Endlager in Grenznähe. Dagegen
       > will auch der saarländische CDU-Umweltminister protestieren.
       
 (IMG) Bild: Die Atommüll-Transporte sollen künftig auch ins französische Lothringen rollen.
       
       Die französischen Pläne für ein weiteres Atommüll-Lager im Grenzgebiet
       sorgen im Saarland für Empörung. Einen Antrag der Grünen, das Vorhaben zu
       verhindern, nahm der Landtag in dieser Woche einstimmig an. Nun will auch
       der saarländische Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU) bei seinen
       französischen Kollegen gegen das Vorhaben protestieren. "Dabei werden wir
       unsere Bedenken gegen das Verfahren und die auffällige Konzentration
       kerntechnischer Anlagen ausgerechnet in der Grenzregion sehr deutlich
       machen", sagte Mörsdorf der taz. Die Grünen wollen das Thema auch bei der
       nächsten Sitzung des Interregionalen Parlamentarierrates, in dem neben
       Franzosen und Deutschen auch belgische und luxemburgische Politiker sitzen,
       auf die Tagesordnung bringen.
       
       Für die französischen AtomkraftgegnerInnen, die in ihrem Land einen
       schweren Stand haben, ist die unerwartete Rückendeckung aus dem Nachbarland
       eine gute Nachricht. "Spät, aber nicht zu spät" komme der Druck, sagte
       Michel Marie, Sprecher einer lothringischen Bürgerinitiative.
       
       Anlass der Proteste ist ein neues Projekt der französischen Atomindustrie
       in Lothringen. Bereits seit 1999 betreibt das nationale Atommüllinstitut
       Andra dort in dem Dorf Bure ein Forschungslabor - als Vorbereitung für ein
       Endlager für hochradioaktiven Müll, das dort im Jahr 2025 in rund 500 Meter
       Tiefe den Betrieb aufnehmen soll. Jetzt sucht die Andra einen zusätzlichen
       Standort für mittelstark strahlende Abfälle, die in bis zu 100 Meter Tiefe
       gelagert werden sollen. Dazu wurden mehr als 3.000 Gemeinden angeschrieben,
       auch in Lothringen. In Medienberichten wurden die Grenzorte Bouzonville,
       Saargemünd und Freyming-Merlebach als mögliche Standorte genannt.
       
       Die Art der Standortsuche habe ihn "sehr verwundert", sagte Mörsdorf nun
       der taz. "Anscheinend wurden eine Vielzahl von Gemeinden mit dem Ziel
       angeschrieben, sich mit Millionensummen Akzeptanz für Standortzusagen zu
       erkaufen." Auf ähnliche Weise hatte sich die Atomindustrie schon die
       Zustimmung für den Standort Bure gesichert: Seit der Einrichtung des Labors
       wurden zunächst 10 Millionen Euro jährlich an die Lokalpolitiker der
       ärmlichen Region überwiesen; im vergangenen Jahr handelten diese eine
       Verdopplung der Finanzspritze aus. Die Atomindustrie bezeichnet das Geld
       als "begleitende wirtschaftliche Maßnahmen zur Erleichterung der
       Installation", Atomkraftgegner sprechen von "Bestechungsgeld". Ein
       Referendum, für das örtliche Endlagergegner über 50.000 Unterschriften
       gesammelt hatten, wurde abgelehnt.
       
       Dass sich im Saarland nun auch die CDU gegen die französischen Pläne
       engagiert, kommentiert die Grüne Jugend mit Hohn. "Wir freuen uns, die CDU
       Saar im Kreis der Atomkraftgegner begrüßen zu dürfen", sagte Sprecher
       Thorsten Comtesse. Allerdings erwarte er, dass sie nun auch dem
       Weiterbetrieb von AKWs eine Absage erteile. "Alles andere wäre nur
       Heuchelei."
       
       CDU-Minister Mörsdorf macht angesichts der ungelösten Endlagerfrage indes
       tatsächlich neue Bedenken gegen die Atomkraftnutzung deutlich. Auch wenn
       Deutschland derzeit nicht darauf verzichten könne, sei klar, dass
       Atomenergie "nur eine Übergangstechnologie" sein könne, sagte Mörsdorf.
       "Sie muss durch alternative Energien ersetzt werden. Und zwar
       schnellstmöglich - und am besten nicht nur in Deutschland."
       
       23 Aug 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) D. Hahn
 (DIR) M. Kreutzfeldt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA