# taz.de -- Emmy-Gewinner "Mad Men": Back to the Sixties
       
       > Bei der 60. Verleihung des wichtigsten Fernsehpreises der USA "Emmy"
       > wurde mit "Mad Men" ein Sittenportrait der sechziger Jahre zum
       > wohlverdienten Gewinner des Tages.
       
 (IMG) Bild: V.l.n.r. Vincent Kartheiser als Pete Campbell, Christina Hendricks als Chefsekretärin Joanie, John Slattery als Teilhaber Roger Sterling, Elisabeth Moss als Sekretärin Peggy und Jon Hamm als Werbe-Genie Donald Draper.
       
       "Mad Men" sind die Strippenzieher in einem Werbeunternehmen im New York der
       sechziger Jahre. Ein kleiner US-Kabelsender hat die Serie produziert und
       wurde dafür mit Auszeichnungen für bestes Drama, Produktion und Drehbuch
       bei der diesjährigen Emmi-Verleihung in Los Angeles belohnt. Sie nimmt den
       Zuschauer mit auf eine Zeitreise in die sechziger Jahre in die Welt des
       Donald Draper.
       
       Mögen muss man diesen Draper nicht, aber beeindruckend ist er schon.
       Gutaussehend, makellos gekleidet, lässig Zigarette und Whiskyglas haltend
       und das kreative Genie der Werbeagentur in der New Yorker Madison Avenue.
       Wunderschöne Ehefrau mit zwei kleinen Kindern im idyllischen Vorort, heiße
       Geliebte in der Stadt. Gefürchtet, beneidet und bewundert von Kunden,
       Konkurrenz und Kollegen.
       
       Draper lügt und betrügt und er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt.
       Und er kann das, denn Männer sind die Herrscher dieser sechziger
       -Jahre-Welt, sind nie ohne Zigarette anzutreffen und stets adrett unterwegs
       zwischen trautem Heim ("Du kommst spät, soll ich dir noch was zu essen
       machen?"), der nächsten Sitzung oder dem nächsten Tete à tete mit einer der
       Sekretärinnen.
       
       Wie in "Mad Men" im Büro geraucht, getrunken und auf Kosten von Frauen und
       jedem, der nicht dem Bild des weißen anglosächsischen Protestanten
       entspricht, gescherzt wird, ist in seiner Beiläufigkeit das spektakulärste
       Moment dieser neuen US-Serie - davon abgesehen, dass auch schwangere
       Hausfrauen nicht weniger rauchen als ihre geschäftigen Ehemänner.
       
       Im perfekt dieser Zeit entsprechend ausgestatteten Büro- und Wohnräumen
       bewegen sich die Sekretärinnen in engen Kleidern, Geschäftsfrauen in
       Kostümen und Hausfrauen im faszinierenden Schlafgewand. Am Horizont
       zeichnet sich aber trotz der in Stein gemeißelten Rollenverteilung hier
       bereits die aufgehende Sonne der Emanzipation ab, denn manche der Frauen
       zeigen, dass sie sich auf mehr verstehen als die Wahl einer
       Lippenstiftfarbe.
       
       Und natürlich lauern hinter dieser spießigen Hochglanz -Werbewelt um so
       tiefere Abgründe. Don Draper verleugnet seine Herkunft, seine Frau wird in
       ihrer Vorstadt-Isolation depressiv und liegt bei einem Psychiater auf der
       Couch, der ihrem Mann stets rapportiert, was das Frauchen so von sich gibt.
       Der Agentur-Emporkömmling Pete Campbell versucht erfolglos an Drapers Stuhl
       zu sägen, um seinen konservativen Eltern und zu beweisen, dass er kein
       Versager ist. Denn noch längst nicht ist die schillernde Werbewelt für
       jeden Unternehmer ein Heilsversprechen. Und Drapers Freund und
       Firmen-Mitinhaber Roger Sterling kriegt vom vielen Saufen und Rauchen einen
       Herzinfarkt. Noch auf der Bahre in den Krankenwagen bläut sein Freund ihm
       den Namen der Gemahlin ein - damit er nicht den Namen der Geliebten
       stammelt.
       
       Wer "Mad Men" guckt, in Deutschland geht das bis jetzt höchstens auf DVD,
       lernt mehr über Amerikas jüngste Geschichte als es durch Geschichtsbücher
       möglich wäre. Dass diese Serie neben der Comedy-Sitkom "30 Rock", der
       Miniserie um das Leben des zweiten US-Präsidenten "John Adams" und weiteren
       Seirenkrachern wie "Entourage" und "In Treatment" ausgezeichnet wurde und
       nicht Heidi Klum zeigt, dass beim amerikanischen Fernsehpreis die Qualität
       über die Quote triumphiert.
       
       22 Sep 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Niemann
       
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