# taz.de -- Fußballcoach Matthäus in Israel: Zwei Mann in der Fremde
       
       > Lothar Matthäus ist im israelischen Fußball angekommen: Jetzt will er als
       > neuer Trainer von Maccabi Netanja erfolgreich sein und ein bißchen länger
       > im Job bleiben.
       
 (IMG) Bild: Angekommen in Israel: Lothar Matthäus trainiert seine Schützlinge von "Maccabi Netanja".
       
       "Der Lothar", wie sie ihn hier alle nennen in der israelischen
       Duzgesellschaft, macht einen ziemlich entspannten Eindruck. Lässig steht er
       da neben der Trainerbank in Jeans und Sommerhemd gekleidet, die
       obligatorische Sonnenbrille hoch in das gegelte Haar geschoben. Ab und an
       ruft Matthäus im Nationalstadion von Tel Aviv Kommandos in Richtung
       Spielfeld. Auf Englisch.
       
       "Mein Englisch ist viel besser geworden. Die Spieler verstehen mich",
       erklärt er später. Das fünfte Spiel Anfang Oktober war für Matthäus und
       seinem Klub Maccabi Netanja das bisher wichtigste in der noch jungen
       israelischen Saison. Maccabi Tel Aviv gilt mit Beitar Jerusalem und Maccabi
       Haifa als Topfavorit auf die Meisterschaft in der Ligat haAl, der ersten
       israelischen Liga. Netanja genießt einen ambitionierten Außenseiterstatus
       hinter den großen drei des israelischen Fußballs.
       
       "Die Rolle liegt uns, und wer weiß, was wir daraus noch machen können",
       erklärt der deutsche Rekordnationalspieler. Zumindest in den ersten Matches
       eine ganze Menge. In Tel Aviv gewann das Team von Lothar Matthäus 1:0. Drei
       Minuten vor Schluss gelang dem südafrikanischen Nationalspieler Bevan
       Fransmann das Tor. Maccabi Netanja steht damit nach fünf Spieltagen
       ungeschlagen an der Spitze der Liga, zum ersten Mal wieder seit 25 Jahren.
       Vier Siege, ein Unentschieden, Torverhältnis 8:3. "Das tut gut", sagt der
       Trainer.
       
       Lothar Matthäus, 47, deutscher Weltmeister von 1990, ist nach den
       Trainerstationen in Wien und Salzburg, bei Partizan Belgrad, als
       Nationalcoach in Ungarn und bei Atletico Paranaense in Brasilien jetzt also
       in Israel gelandet. Maccabi Netanja war mal eine große Nummer im
       israelischen Fußball. Das ist allerdings knapp dreißig Jahr her. Einige
       vergilbte Fotos und eine Menge Pokale zeugen noch von dieser Zeit. Damals
       galt Netanja als das Synonym für die israelische Nationalmannschaft. Eher
       lieblos sind die Insignien dieser Epoche nun in den Katakomben des Stadions
       hinter trüben Glasvitrinen aufgereiht. Davor sitzt Matthäus immer dann,
       wenn er Interviews gibt.
       
       "Kufsa" nennen die Fans von Netanja liebevoll ihr Stadtstadion, doch die
       "Box" versprüht bestenfalls den Charme einer gepflegten deutschen
       Bezirksliga-Sportanlage. Zu den ersten beiden Spielen im "Sartov Stadium",
       wie es offiziell heißt, kamen im Schnitt nur 3.700 Zuschauer. "Aber die
       machen ordentlich Stimmung. Klar, das ist hier nicht Premier League. Wir
       dürfen das nicht besser machen, als es ist. Schlechter aber auch nicht", so
       Matthäus. Ein neues Stadion vor den Toren Netanjas ist schon so gut wie
       fertig und soll spätestens zur nächsten Saison bezogen werden. "Dann wird
       vieles besser", ist sich der deutsche Coach sicher.
       
       Wenn Matthäus dann noch hier ist. Und sich mit den zahllosen Widrigkeiten
       der Fußballprovinz im Nahen Osten arrangiert hat. "Aber, das kenne ich. Das
       war in Serbien, Ungarn oder Österreich auch nicht anders", erinnert er
       sich.
       
       Daniel Jammer, ein Frankfurter Geschäftsmann, hat Matthäus nach Netanja,
       eine Art Vorortstadt von Tel Aviv, gelockt. Jammer ist reich und hat
       zusätzlich in eine noch reichere russische Businessfamilie eingeheiratet.
       Mit dem vielen Geld "spiele ich mein persönliches Managerspiel", sagt der
       42-jährige Jammer ganz offen. Seine Sätze kommen nur selten ohne englische
       Vokabeln aus. In denen beschreibt er sein Verhältnis als Klubeigner zum
       Trainer Matthäus als eine "echte Win-win-Situation" und "den Lothar als
       jemanden, der im Pitch und nach dem Pitch immer leidenschaftlich ist".
       
       Jammer ließ nie einen Zweifel daran, dass sein Managerspiel in Netanja auf
       fünf Jahre begrenzt ist. Vor zwei Jahren kaufte er den Klub Netanja für
       zwei Millionen Dollar. Jammer lotste einen brasilianischen Profi, einen
       Nationalspieler aus Costa Rica und einen Kicker aus Südafrika in die
       ehemalige Diamantenstadt Netanja. Der Diamant ziert noch heute das Wappen
       des Vereins. Unter Jammer soll er endlich wieder zu funkeln beginnen. Das
       ist Matthäus Aufgabe, dessen Vertrag mit rund 650.000 Euro pro Jahr dotiert
       und bis 2010 datiert ist. Spätestens dann geht es woanders hin. Für Jammer
       und auch Matthäus, womöglich sogar gemeinsam. Eine Männerfreundschaft
       verbindet.
       
       Dennoch will Matthäus das Wort "Zwischenstation", wie ihn die israelischen
       Medien gerne und oft zitiert haben, nicht in dem Mund genommen haben. "Die
       schreiben doch sowieso, was sie wollen. Das ist überall dasselbe", so
       Matthäus. Lieber redet Matthäus über die hohe Lebensqualität in Israel.
       
       Er wohnt da, wo die Reichen und Schönen von Tel Aviv wohnen. In Herzliya,
       einer dieser modernen, gesichtslosen Küstenretortenstädte an der Küste
       zwischen Tel Aviv und Netanja. Matthäus schwärmt vom immer schönen Wetter,
       den ausgezeichneten Stränden, den guten Restaurants und der Freundlichkeit
       der Israelis. Dass Matthäus als Deutscher bisher nie auf den Holocaust
       angesprochen wurde, überrascht ihn nicht. "Ich kenne das Land. Die Israelis
       schauen immer nach vorn".
       
       Zur Arbeit fährt Matthäus dann über die Autobahn nach Netanja und wundert
       sich, dass er trotz des Tempolimits von 110 Stundenkilometern so schnell am
       Ziel ist. "Ein kleines Land ist Israel, da muss man gar nicht rasen",
       staunt Matthäus.
       
       14 Oct 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Torsten Haselbauer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA