# taz.de -- Kommentar Anti-Castor-Proteste: Signal für den Wahlkampf
> Politiker und Anti-Atom-Bewegung haben verstanden, dass sie einander
> brauchen. Wenn das Bündnis hält, wird ein Atom-Wahlkampf für die Union
> unerfreulich.
Die Anti-Atom-Bewegung ist wieder da - und zwar stärker als selbst von
Optimisten erwartet: 15.000 AktivistInnen sind am Wochenende nach Gorleben
gekommen. Alt und Jung sammelten sich gemeinsam auf der Straße. Friedliche,
aber entschlossene Proteste begleiteten die Castor-Strecke. Die ungelöste
Entsorgungsfrage ist wieder stärker ins Bewusstsein gerückt, seitdem die
katastrophalen Zustände in den Endlagern Asse und in Morsleben bekannt
wurden.
Vor allem aber wird der Atomkonsens wieder offiziell in Frage gestellt. Die
Energiekonzerne versuchen unverhohlen, ihre alten Kraftwerke mit Tricks
über die Bundestagswahl zu retten - in der Hoffnung, dass der Ausstieg
danach revidiert wird. Union und FDP wiederum sagen offen, dass sie die
Reaktoren weiter laufen lassen wollen, und möchten mit dieser Ansage sogar
in den Wahlkampf ziehen.
Diese Provokation dürfte der Union jedoch nicht unbedingt nutzen, wie
dieses Protestwochenende zeigt. Ruhe war an der Atomfront nur eingekehrt,
weil das Thema von vielen als erledigt angesehen wurde. Wenn nun der
Ausstieg rückgängig gemacht werden soll, brechen die alten Konflikte wieder
auf. Und weil die nächste Generation von Atom-GegnerInnen nachgewachsen
ist, dürften die Proteste eher stärker als schwächer werden.
Zudem ist offensichtlich, dass die anderen Parteien die Kampfansage der
Union gerne kontern. Nicht nur SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel hat
entdeckt, wie gut sich mit dem Atomthema öffentlich punkten lässt. Die
Grünen waren in Gorleben so stark vertreten wie lange nicht mehr. Auch die
Linke setzt auf das Thema. Wenn gleich drei Parteien wetteifern, wer für
den wahren Atomausstieg steht, ist Aufmerksamkeit garantiert.
In diesem Jahr gab es auch keinen Konflikt zwischen den Parteien und der
Bewegung. Früher neigten Regierungs-Grüne und SPD dazu, die Atomgegner als
"unreif" zu betrachten - während umgekehrt die Bewegung den Politikern
allzu viel Anpassung vorwarf. Beide Seiten haben nun verstanden, dass sie
aufeinander angewiesen sind. Wenn dieses Bündnis hält, dürfte ein
Atom-Wahlkampf für die Union unerfreulich werden.
9 Nov 2008
## AUTOREN
(DIR) Malte Kreutzfeldt
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