# taz.de -- Gesetzesänderungen im nächsten Jahr: So entgehen wir 2009 der Krise!
       
       > Apokalyptische Szenarien beherrschen den Ausblick auf 2009. Doch es geht
       > auch anders: Wer die neuen Gesetzesänderungen geschickt nutzt, bewältigt
       > die Krise im Alltag.
       
 (IMG) Bild: Zahlt sich aus: ein neues Kind.
       
       A wie Autofahren: Gönnen Sie sich neuen Luxus. 
       
       Sie haben zu viel Geld und wissen nicht, wo Sie es anlegen sollen, weil die
       Zinsen sind niedrig und die Aktien unsicher? Kaufen Sie sich doch ein
       großes, neues Auto! Beim Händler kriegen Sie garantiert einen anständigen
       Rabatt, und der Staat erlässt Ihnen die Kfz-Steuer für ein Jahr. Dabei
       gilt: Je dicker das Auto, desto mehr sparen Sie an Steuern! Die Mehrkosten
       für Anschaffung und Verbrauch müssen Sie allerdings selbst tragen. Haben
       Sie noch mehr Geld auf der hohen Kante, kaufen Sie sich ein Häuschen im
       Grünen. Die Fahrtkosten zur Arbeit können Sie jetzt wieder vom ersten
       Kilometer an von der Steuer absetzen, und zwar 30 Cent pro Kilometer. Es
       gilt also: Je mehr Sie verdienen und je weiter Sie fahren, umso mehr
       profitieren Sie. Allerdings müssen Sie einkalkulieren, dass die
       tatsächlichen Fahrkosten deutlich höher sind als die Steuerersparnis und
       die tägliche Fahrzeit verlorene Zeit darstellt - egal ob Sie Bahn oder Auto
       fahren. Am günstigsten fahren Sie, wenn Sie lange Pendlerstrecken mit dem
       Fahrrad zurücklegen: Das ist gesund, spart Geld und bringt die gleichen
       Steuervorteile.
       
       E wie Erben: Bleiben Sie im geerbten Häuschen wohnen, das spart Ihnen
       Steuern. 
       
       Wer hat, dem wird gegeben. Das besagt im Kern die Reform des Erbschafts-
       und Schenkungsrechts. Zwar werden Betriebsvermögen und Immobilien künftig
       höher bewertet. Aber Witwer, Witwen, eingetragene Lebenspartner sowie
       Kinder können Wohneigentum bis zu 200 Quadratmeter ab 2009 steuerfrei erben
       oder geschenkt bekommen. Voraussetzung: Sie müssen weiterhin mindestens
       zehn Jahre lang darin wohnen. Der Freibetrag für Ehegatten und eingetragene
       Partner steigt auf 500.000 Euro, für Kinder auf 400.000 und für Enkel auf
       200.000 Euro. Für andere Verwandte gelten ein Freibetrag von 20.000 Euro
       und zum Teil hohe Steuersätze. Das Erben von Unternehmen ist steuerfrei,
       wenn der Betrieb zehn Jahre lang fortgeführt wird und die Arbeitsplätze
       erhalten bleiben.
       
       E wie erneuerbare Energien: Brasilien oder Nordsee, Ihr Geld ist mobil. 
       
       Sollten Sie immer noch zu viel Geld übrig haben, können Sie in erneuerbare
       Energien investieren. Zum Beispiel in die Erzeugung oder Verarbeitung von
       Agrosprit. Die Steuerbelastung für reinen Biodiesel wird gemildert, sie
       beträgt 18 Cent pro Liter statt geplanter 21 Cent. Die Beimischungsquote
       für Agrosprit wird zwar gegenüber den ursprünglichen Planungen ebenfalls
       gedrosselt, beträgt aber immer noch 5,25 Prozent - als Teilhaber
       brasilianischer oder indonesischer Palmölplantagen können Sie also durchaus
       Geld machen! Sie können sich aber auch der Windkraft auf dem Meer zuwenden.
       Hier winken deutlich höhere Anreize als bisher, um die kapitalintensiven
       Projekte in Nord- und Ostsee voranzutreiben. Sie müssen nur noch eine Bank
       finden, die die Finanzierung übernimmt.
       
       G wie Gesundheit: Setzen Sie auf die Krise, dann sinken Ihre Beiträge. 
       
       Zum Jahresbeginn steigen zwar für neun von zehn gesetzlich Versicherten die
       Krankenkassenbeiträge. Einheitlich zahlen dann alle 51 Millionen
       Beitragszahler einen Satz von 15,5 Prozent des Bruttolohns. Mehr Leistungen
       erhalten Sie dafür nicht. Wenn Ihre Kasse nicht mit Ihrem Geld auskommt,
       kann sie von Ihnen obendrein einen Zusatzbeitrag verlangen - bis zu einem
       Prozent Ihres Gehalts. Das kann auch die Senkung des Beitrags zur
       Arbeitslosenversicherung nicht ausgleichen. Beim Kostenanstieg muss es aber
       nicht bleiben. Spitzenpolitiker überbieten sich derzeit in Vorschlägen, wie
       sich die Kassenbeiträge durch Steuerzuschüsse deutlich senken lassen, um
       die Konjunktur zu stärken. Wenn die Wirtschaftskrise also richtig arg wird,
       zahlen Sie bald niedrigere Beiträge. Deshalb: Befeuern Sie nach Kräften die
       Flaute, zum Beispiel durch Konsumstreiks. Und wenn das alles nicht hilft,
       gibt es für 2010 Hoffnung. Spätestens dann können Sie Beiträge zur Kranken-
       und Pflegeversicherung fast vollständig von der Steuer absetzen.
       
       K wie Kinder: Ihr Nachwuchs spart Ihnen Geld. 
       
       Sie sind unselbständig, tragen merkwürdige Kleidung und hören komische
       Musik: Kinder. Wenn Sie auch nicht mehr wissen, warum Sie sich einst
       Nachwuchs angeschafft haben, dann tröstet Sie 2009 der Staat über Ihre
       Fehlentscheidung hinweg: Das Kindergeld wird für das erste und zweite Kind
       auf 164 Euro erhöht. Für das dritte Kind steigt es auf 170 Euro, für den
       vierten und jeden weiteren Spross auf 195 Euro. Der steuerliche Freibetrag
       steigt auf 3.864 Euro. Rechnet man den Freibetrag für Betreuung, Erziehung
       oder Ausbildung hinzu, sind es sogar 6.024 Euro. Kinder von
       Hartz-IV-Empfängern erhalten zum Beginn des Schuljahrs 100 Euro für eine
       Schultasche, Bücher und Schreibbedarf. Aber nur bis zur 10. Klasse - damit
       die Bälger ja nicht auf die Idee kommen, das Abitur zu machen.
       
       R wie Rente: Geben Sie sie ja wieder aus. 
       
       Passend zum Bundestagswahlkampf will die Bundesregierung Gerüchten zufolge
       die Renten anheben. Auf 2,75 Prozent mehr können die rund 20 Millionen
       Rentner zur Jahresmitte hoffen. Dasselbe gilt für Empfänger von
       Arbeitslosengeld II. Die Rentenanhebung wirkt vergleichsweise üppig. Wenn
       man die Inflationsrate dagegen rechnet, sieht es jedoch dürftiger aus: 2008
       sind die Preise im Schnitt um 2,6 Prozent gestiegen, so stark wie nie seit
       vierzehn Jahren. Trotzdem hoffen Politik und Wirtschaft natürlich, dass Sie
       nicht sparen, sondern Ihr Geld schnell wieder hierzulande ausgeben.
       Vielleicht hilft der Hinweis, dass die Teuerungsrate aktuell, unter anderem
       wegen der sinkenden Ölpreise, nur etwa 1,1 Prozent beträgt. Das ist der
       niedrigste Stand seit mehr als zwei Jahren.
       
       Ü wie Überwachung: Fühlen Sie sich nie mehr allein. 
       
       Die Feiertage haben Ihnen mal wieder vor Augen geführt, wie einsam Sie
       sind? Wenn Partnerbörsen und Weihnachtsfeiern Ihnen nicht den erwünschten
       Weggefährten eingebracht haben, hilft Ihnen gern die Polizei. Schreiben Sie
       Mails voller vager Drohungen und Reizwörtern wie "Dschihad" oder "Bombe",
       dann werden Mitarbeiter des Bundeskriminalamts womöglich bald Ihre treuen
       und unsichtbaren Begleiter. Denn künftig darf das Bundeskriminalamt bei
       Terrorverdacht "vorbeugend ermitteln": Die Beamten dürfen zur Abwehr einer
       Gefahr Verdächtige überwachen, deren Wohnungen abhören, Rasterfahndungen
       einleiten und Computer ausspähen (siehe Bericht Seite 6). Das BKA darf
       aktiv werden, wenn eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, keine
       Landespolizeibehörde zuständig ist oder die oberste Landesbehörde um eine
       Übernahme bittet. Onlinedurchsuchungen müssen von einem Richter genehmigt
       werden. Auch die Durchsicht der Daten steht unter richterlicher Kontrolle.
       Deshalb: Wenn Kriminalbeamte nicht Ihr Fall sind, können Sie 2009 immer
       noch auf die Aufmerksamkeit eines charmanten Richters hoffen.
       
       V wie Verkehrsregeln: Lassen Sie sich nicht erwischen. 
       
       Generell gilt: Wer die Straßenverkehrsordnung möglichst genau befolgt,
       spart sich eine Menge Ärger und viel Geld. Für Verkehrsdelikte wie Rasen,
       Drängeln und Rotlicht-Verstöße wird das Bußgeld drastisch angehoben. Teurer
       wird es auch, berauscht zu fahren. Wer nach dem Konsum von Alkohol oder
       anderen Drogen das erste Mal ertappt wird, zahlt 500 Euro, beim zweiten Mal
       1.000 Euro und beim dritten Mal 1.500 Euro. Etwas entspannter wird hingegen
       das Bahnfahren, das bereits im Dezember teurer geworden ist. Ab Neujahr
       gibt es nun einen Rechtsanspruch auf Erstattung des Fahrpreises bei
       Verspätungen. Kommen Sie mindestens eine Stunde später an Ihr Ziel, kriegen
       Sie ein Viertel des Fahrpreises zurück. Allerdings nur dann, wenn Sie bei
       der Deutschen Bahn AG noch einen geöffneten Fahrkartenschalter finden und
       Lust haben, lange anzustehen.
       
       W wie Wohnen: Der Staat machts Ihnen warm und sauber. 
       
       Wollen Sie eine Wohnung oder ein Haus kaufen oder mieten, können Sie nun
       einen Energiepass verlangen, der über den energetischen Zustand des
       Gebäudes informiert. Sind Sie Eigentümer, stehen Ihnen diverse
       Förderprogramme offen, mit denen die Energieeffizienz des Gebäudes erhöht
       werden kann, etwa die Heizungssanierung oder die Wärmedämmung. Wenn Sie
       einen Bausparvertrag neu abschließen, können Sie das durch die staatliche
       Wohnungsbauprämie angesammelte Geld künftig nur noch für den Erwerb oder
       die Renovierung von Wohnräumen nutzen. Dafür können Sie aber die
       Arbeitsleistung von Handwerkern oder haushaltsnahen Dienstleistern -
       Putzfrauen, Kindermädchen, Nachhilfelehrern - von Ihrer Steuer absetzen,
       und zwar bis zu 1.200 Euro für Handwerker und 4.000 Euro für Dienstleister
       - ein guter Anreiz gegen die grassierende Schwarzarbeit. Sollten Sie arm
       sein, profitieren Sie und Ihr Vermieter von der Erhöhung des Wohngeldes,
       das im Schnitt von 90 auf rund 140 Euro im Monat steigt.
       
       31 Dec 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) M. Lohre
 (DIR) R. Rother
       
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