# taz.de -- Wege aus der Konjunkturkrise: Die Lösung heißt Kurzarbeit
       
       > Mit Arbeitszeitverkürzung können Unternehmen Kündigungen fürs Erste
       > vermeiden. Langfristig müssen sich aber die Produkte ändern.
       
 (IMG) Bild: Mehr Zeit fürs Raucherpäuschen - der Kurzarbeit sei dank.
       
       BERLIN taz Olaf Dimsky, 33, ist zufrieden. Seit 16 Jahren arbeitet der
       Mechaniker im Berliner Osram-Werk, in dem die Mitarbeiter seit Beginn der
       Woche nur noch in Kurzarbeit beschäftigt sind. Alle 14 Tage wird die
       Belegschaft bis Ende April wechseln: zwei Wochen Arbeit, dann zwei Wochen
       konjunkturbedingter Betriebsurlaub. Trotz der verkürzten Arbeitszeit
       bekommt Dimsky 67 Prozent seines Nettogehalts bezahlt. Die Kosten für die
       Hälfte seiner Sozialbeiträge übernimmt die Bundesagentur für Arbeit (BA).
       So hat es die Bundesregierung im zweiten Konjunkturpaket festgelegt.
       
       Firmen, die wegen der schlechten Auftragslage mindestens 10 Prozent weniger
       Umsatz machen, können bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit anmelden. Damit
       soll mittelfristig verhindert werden, dass Mitarbeiter entlassen werden.
       Bilden die Unternehmen ihre Beschäftigten während der verkürzten
       Arbeitszeit weiter, übernimmt die BA die Sozialbeiträge für die
       Kurzarbeiter in Gänze.
       
       "Wir können froh sein, dass wir nicht gleich entlassen werden", sagt
       Dimsky. "Gleichzeitig hoffen wir natürlich, dass die normale Produktion
       bald weitergeht." Dimskys Abteilung bei Osram stellt Lampen für Videobeamer
       her. "Ein Luxusgut", wie Firmensprecher Till Moor sagt - eines, das eher in
       guten Zeiten nachgefragt wird.
       
       Bereits im Dezember schnellte die Zahl der kurzarbeitenden Betriebe nach
       oben. Wegen des Auftragsausfalls im vierten Quartal 2008 meldeten die
       Unternehmen knapp 240.000 zusätzliche Beschäftigte zur Kurzarbeit an. Durch
       diesen Anstieg zum Jahresende zählte die Arbeitsagentur für 2008 insgesamt
       knapp 900.000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit - so viele wie die letzten 15
       Jahren nicht mehr.
       
       Angesichts der miesen Konjunkturprognosen für 2009 ist damit zu rechnen,
       dass auch in den kommenden Monaten weitere Betriebe auf Kurzarbeit
       umstellen. Besonders stark betroffen sind die Automobilindustrie und deren
       Zulieferbetriebe sowie Logistikunternehmen und die Stahlbranche.
       
       Für Detlef Fendt, 56, Werkzeugmacher im Berliner Daimler-Werk und
       IG-Metall-Vertrauensmann, ist Kurzarbeit grundsätzlich "eine der genialsten
       Regelungen, die es gibt". Anfang der Woche hatte Daimler für rund 13.000
       Mitarbeiter in seinen Werken Kurzarbeit ausgerufen. Bis zu 10 Stunden pro
       Woche wird seitdem weniger gearbeitet. Trotzdem bekommen die Mitarbeiter
       knapp 90 Prozent ihres Nettolohns.
       
       Dennoch beurteilt Fendt die Maßnahme auch kritisch: "Man muss die Frage
       nach der Ursache stellen", sagt er. Der Autokonzern habe jahrelang
       technologische Entwicklungen verschlafen. Jetzt, in der Krise, fehle das
       Geld für die dringend nötige Produktionsumstellung auf klimafreundliche
       Hybrid- und Elektromotoren. "Sowohl die Belegschaft als auch die
       Gesellschaft müssen die Versäumnisse jetzt ausgleichen." Schließlich werde
       die Unterstützung von der BA letztlich aus Steuermitteln bezahlt. Fendt
       fordert, dass künftig die Belegschaft mitentscheiden soll, was im Werk
       produziert wird. So hätte Daimler womöglich schon längst auf
       klimafreundliche Motoren umgestellt.
       
       Maximal 18 Monate können die Unternehmen die staatliche Hilfe zur
       Entlohnung ihrer Belegschaft beziehen. Seriöse Prognosen für die
       wirtschaftliche Entwicklung über diese Frist hinaus wagen weder
       Wissenschaftler noch Politiker. Olaf Dimsky glaubt trotzdem nicht, dass die
       Auftragsbücher bei Osram bald wieder voll sein werden: "Wir hoffen", sagt
       er. "Aber so richtig glauben kann es niemand."
       
       16 Jan 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marlene Halser
       
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