# taz.de -- Zwei Jahre nach Mord an Journalisten: Hrant Dinks Vermächtnis
       
       > Am zweiten Jahrestag der Ermordung des armenischen Journalisten Hrant
       > Dink sind Hintermänner der Tat noch unklar.
       
 (IMG) Bild: Warum verhinderte die Polizei, die vom Attentatsplan unterrichtet war, den Mord an Hrant Dink nicht? (Archivfoto von 2007).
       
       ISTANBUL taz Auch am zweiten Jahrestag des Mordes an dem armenischen
       Journalisten Hrant Dink ist sein Vermächtnis nicht vergessen. Tausende
       Menschen versammelten sich gestern vor dem Redaktionsgebäude der
       armenisch-türkischen Wochenzeitung Agos, deren Chefredakteur Dink war, um
       an den Mord zu erinnern und Aufklärung über die Hintermänner des Attentats
       zu fordern. Denn auch zwei Jahre nachdem Hrant Dink direkt vor dem Haus der
       Zeitung von einem damals erst 17 Jahre alten Nationalisten mit zwei
       Kopfschüssen ermordet wurde, ist im Prozess immer noch nicht aufgeklärt,
       wer den Jungen zu dem Mord angestiftet hat und warum die Polizei, die durch
       einen Spitzel von dem Attentatsplan unterrichtet war, den Mord nicht
       verhindert hat.
       
       Die Anwälte der Familie, die in dem Prozess als Nebenkläger auftritt,
       vermuten, dass die eigentlichen Drahtzieher des Mordes im Umfeld der
       Ergenekon -Terrorgruppe zu suchen sind, die durch Anschläge und gezielte
       Morde einen Putsch herbeiführen wollte. Bislang sind aber alle Versuche
       gescheitert, hohe Polizeibeamte, die in den Fall möglicherweise verwickelt
       sind und Auskunft über die Hintermänner geben könnten, vor Gericht zu
       bringen.
       
       Fetiye Cetin, eine der Anwälte der Familie, die Hrant Dink lange vor dem
       Mord gut kannte und mit seiner Arbeit sehr vertraut war, sagte gegenüber
       Hürriyet: "Hrant wusste, dass er bedroht wurde und war deshalb sehr
       beunruhigt." Ihrer Meinung nach war der Mord von langer Hand vorbereitet
       und wurde aus dem Hintergrund kontrolliert. "Der jugendliche Killer wusste
       kaum, wer Hrant Dink war und konnte auch keine Erklärung dafür abgeben,
       warum er ihn ermordet hat". Doch an die vermutlichen Hintermänner des
       Attentats kommen die Anwälte bislang nicht heran. Erst vor wenigen Tagen
       wurde endschieden, dass nach mittlerweile fast zwei Prozessjahren, endlich
       der Kommandant der Gendarmerie in Trabzon, dem Ort, von wo der Attentäter
       stammt und der Mord geplant wurde, vor Gericht aussagen muss, warum er die
       Hinweise auf die Attentatspläne ignoriert hat. Ein Ende des Prozesses
       scheint deshalb nicht in Sicht. Vertreter der Familie gehen davon aus, dass
       es noch Jahre dauern kann, bis das Verfahren abgeschlossen wird.
       
       Viele ehemalige Freunde und Mitarbeiter von Hrant Dink konzentrieren sich
       deshalb jetzt eher darauf, das politische Vermächtnis des Getöteten weiter
       voranzutreiben. Eine kürzlich gegründete Hrant Dink Stiftung hat sich vor
       allem zum Ziel gesetzt, den zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Türken
       und Armeniern zu fördern und zu unterstützen. Mit Spendengeldern will die
       Stiftung einen Austausch junger Journalisten zwischen beiden Ländern
       ermöglichen, um so überhaupt erst einmal zum gegenseitigen Kennenlernen
       beizutragen. Dazu sollen auch verschiedene Veranstaltungen in der Türkei
       und in Armenien beitragen.
       
       Nach dem ersten offiziellen Besuch des türkischen Präsidenten Abdullah Gül
       in Jerewan im September letzten Jahres gibt es realistische Hoffnungen,
       dass die beiden Nachbarländer endlich diplomatische Beziehungen aufnehmen
       werden und die seit Anfang der 90er Jahre geschlossene Grenze zwischen der
       Türkei und Armenien geöffnet wird. Hrant Dink wäre darüber sicher sehr
       glücklich gewesen.
       
       19 Jan 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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