# taz.de -- Studienplatzvergabe: Rektoren verlängern Bewerbungschaos
       
       > Erst 2010 wollen die Hochschulen ein geregeltes Verfahren zur
       > Studienplatz-Vergabe einführen. Bis dahin gilt weiter: Die Studierenden
       > bewerben sich mehrfach.
       
 (IMG) Bild: Manche Nachrücker bekommen ihre Studienplätze erst im Januar - kurz vor Semesterende.
       
       BERLIN taz Angehende Juristen oder Geisteswissenschaftler benötigen auch in
       diesem Jahr wieder viel Ausdauer und Glück, um einen Studienplatz an einer
       Fachhochschule oder Universität zu bekommen. "Wir hatten im letzten Jahr
       20.000 Bewerbungen auf 5.500 Studienplätze", berichtet etwa der Sprecher
       der Universität Köln, Patrick Honecker. Hinter diesen Massen stehen aber
       keine Personen. Die meisten Interessenten würden sich mehrfach anmelden.
       Die Folge: Plätze werden zu Semesterbeginn nicht besetzt oder abgesagt. Und
       nach umständlichen Nachrückverfahren beginnen manche Erstsemester ihr
       Studium erst im Januar - also kurz vor Semesterende. "Das Problem der
       Doppelanmeldungen verschärft sich von Jahr zu Jahr", berichtet Honecker.
       Schnelle Abhilfe sei nicht in Sicht.
       
       Denn die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die über 250 deutsche
       Fachhochschulen und Universitäten vertritt, wird frühestens im Jahre 2010
       ein abgestimmtes Verfahren für die Bewerber anbieten. Das kündigte
       Präsidentin Margret Wintermantel nach einer Sondersitzung am Mittwoch an.
       Bis dahin haben weder Hochschulen noch Bewerber einen Überblick.
       
       "Den Studenten bleibt gar keine Wahl, als sich an zehn bis zwanzig
       Hochschulen zu bewerben", verteidigt Florian Keller vom Freien
       Zusammenschluss der Studierendenvertretungen (fzs) die gängige Praxis. Denn
       die Studis könnten nicht abschätzen, ob sie erfolgreich seien. Jede Uni
       habe andere Zulassungsregeln.
       
       Das Chaos kündigte sich bereits 2003 mit dem Anstieg der Abiturientenzahlen
       an. Im vergangenen Jahr begannen rund 385.000 junge Leute ein Studium, ein
       neuer Rekord. Politisch ist dieser Anstieg gewollt, gleichzeitig überließ
       es die Politik den Ländern und Hochschulen, damit fertig zu werden. Die
       Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), die über 30 Jahre
       die Bewerber streng nach Note und Wartezeit auf die Plätze verteilt hatte,
       wurde 2006 unter dem Beifall der Hochschulrektorenkonferenz fast gänzlich
       entmachtet und vergibt per Gesetz nur noch Plätze für Medizin und Biologie.
       Die Hochschulen dürfen sich ihre Studenten fortan selbst aussuchen und so
       ihre Wettbewerbsfähigkeit und Autonomie unter Beweis stellen. So die Idee.
       
       Die Schuld am Gedränge und Geschiebe in der Praxis geben sich Hochschulen
       und ZVS gegenseitig. Die ZVS - nun nicht mehr Planstelle, sondern
       Serviceeinrichtung - habe ein Übergangsverfahren entwickeln müssen und das
       nicht hinbekommen, so HRK-Präsidentin Wintermantel. Jetzt werde das
       Verfahren neu ausgeschrieben.
       
       ZVS-Sprecher Bernhard Scheer winkt ab. Man habe ein Verfahren entwickelt,
       das den Hochschulen die Auswahl der Bewerber überlasse, aber ihnen
       Verwaltungsaufgaben abnehme. Das fand nicht den Beifall der RektorInnen.
       "Die HRK kann nicht jede Woche neue Ideen haben, welches Verfahren sie sich
       wünscht."
       
       Als Folge der Zwistigkeiten sperrte der Bundestag im Dezember bereits
       zugesagte 15 Millionen Euro, die helfen sollten, das Auswahlverfahren zu
       beschleunigen. Die Hochschulen müssen den Service der ZVS, wenn sie ihn
       wünschen, selbst bezahlen. Ganze acht Hochschulen machten 2008 davon
       Gebrauch.
       
       Die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), rügte die
       HRK für ihre "abenteuerlichen Vorstellungen" und sieht den Bund in der
       Pflicht. "Wir fordern Frau Schavan zum Handeln auf", appellierte sie an die
       Adresse der CDU-Bundesbildungsministerin. Schavan hätte die Kompetenz. Doch
       diese würde am liebsten das Hochschulrahmengesetz ganz abschaffen -
       zugunsten von mehr Wettbewerb.
       
       28 Jan 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA