# taz.de -- die wahrheit: Karneval der Bürgermeister
       
       > Kaum schaut man sich um, ist schon wieder Zeit für Afroperücken. Und da
       > ich in Berlin, der Hauptstadt des Karnevals, lebe...
       
 (IMG) Bild: Die Funkenmariechen sind los: beim traditioneller Karnevalsumzug in Osnabrück.
       
       Kaum schaut man sich um, ist schon wieder Zeit für Afroperücken. Und da ich
       in Berlin, der Hauptstadt des Karnevals, lebe, bin ich nach Monaten des
       Nachdenkens über das Motto meiner diesjährigen Verkleidungsparty nun
       endlich zu einem Resultat gekommen. Der Faschingsabend 2009 wird unter dem
       Motto "Ferien in Osnabrück" stehen, und ich kann kaum erwarten, was meine
       Freunde und Freundinnen sich so alles Wildes ausdenken, um mich zu
       überraschen. Verkleiden kann schon lustig sein: Als der Freund einer
       Freundin neulich ausschließlich seinem besten Kumpel von seiner Kostümparty
       erzählte, kam der Kumpel als Einziger verkleidet, und zwar als Cowboy.
       
       Mir sind Kostümpartys, egal ob sich einer oder alle zum Affen machen, ja
       schon darum lieber als Geburtstagsreinfeierpartys, weil immerhin niemand um
       null Uhr "Happy Birthday" singt und danach "Whu whu whu whu whu!" ruft, ich
       kann dieses selbstbeweihräuchernde "Whu whu whu whu whu!" nicht leiden, und
       wenn ich das nächste Mal in einer "Whu whu whu whu whu!"-Runde stehe, köpfe
       ich die gesammelten Rufer mit einem Lichtschwert, das schwöre ich hiermit
       auf Pfandbriefe und Kommunalobligationen.
       
       Das Einzige, was ähnlich nervt wie "Whu whu whu whu whu!" ist das sich wie
       ein Geschwür vermehrende "Hallo?!" als Hinweis darauf, dass jemand Unsinn
       gemacht hat, dicht gefolgt von dem gedehnten "Okay", bei dem die zweite
       Silbe wieder nach oben geht, anstatt, wie bei einer verständigen
       Zustimmung, nach unten. "Hallo?!" und "Okay" haben hier Hausverbot, um mit
       einem großen, billigen Möbeldiscount zu sprechen, der sich nur eine billige
       Werbeagentur leisten konnte, und das Lichtschwert reicht weiß Gott auch
       noch für "Hallo?!"- und "Okay"-Sager.
       
       Ein weiteres topaktuelles Kostüm konnte ich neulich im Flugzeug von München
       nach Berlin bestaunen; als ich mich kurz vor meinem durch Flugangst
       bedingten Nervenkollaps zu meinem wie ein Hades-bewachender Höllenhund
       hustenden Sitznachbarn umdrehte, um mich durch eine mitleidige Bemerkung à
       la "Na, das klingt aber nicht gut …" etwas von der Todesfurcht abzulenken,
       erkannte ich in dem Schnäuzerträger den Oberbürgermeister von München oder
       eben jemanden, der entweder professionell als Ude-Doppelgänger arbeitet
       oder gerade auf dem Weg zu einer Karnevalsparty mit dem Motto "Deutsche
       Bürgermeister" war. Der echte Herr Ude kann es nicht gewesen sein, denn das
       bronchienkranke Double steckte nach dem Flug die bereits dreieinhalb Wochen
       alte Cosmopolitan ein, und man sollte doch annehmen, dass Herr Ude keine
       Zeit hat für Psychotests wie "Welcher Intelligenztyp sind Sie?",
       schließlich ist auch in München Finanzkrise.
       
       Mir war die anbiedernde Frage nach dem Befinden angesichts all der
       Problematiken, die ein OB täglich verhandeln muss, auch wenn er nur als OB
       verkleidet ist, jedenfalls dann zu dumm, und so konzentrierte ich mich
       wieder auf die Turbulenzen und das damit verbundene Schwitzen meinerseits.
       In Tegel wurde der falsche Herr Ude von einem ebenfalls täuschend echten
       Fahrer abgeholt. Und ich schwöre, hinter der dunkel getönten Heckscheibe
       saß ein Mann mit Wowereit-Maske und Tröte im Mund.
       
       3 Feb 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Karneval
       
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