# taz.de -- Die Blutgräfin und ihr Fehlgriff: Flucht vor der blonden Schönheit
       
       > In der Reihe Panorama Special präsentiert Julie Delpy den Kostümfilm "The
       > Countess". Vor dem Screening warnt die Regisseurin vor ihrer dunklen
       > Seite - zu Unrecht.
       
 (IMG) Bild: Julie Delpy als Blutgräfin Erzsébet Báthory verliebt sich in den viel jüngeren Daniel Brühl.
       
       Julie Delpy gibt sich unsicher. Ihre Grußworte vor dem Screening am Montag
       im Zoo Palast: "Sie erwarten nach meinem letzten Film jetzt sicher etwas
       Süßes und Nettes. Aber dieser Film, der zeigt eher meine dunkle Seite. Die
       musste einfach raus." Sage also einer, wir seien nicht gewarnt worden.
       
       Julie Delpys zweiter Film will die Geschichte der sogenannten Blutgräfin
       Erzsébet Báthory neu erzählen. Laut Überlieferung soll die ungarische
       Gräfin um die 600 Jungfrauen grausam getötet haben. Denn die hohe Dame
       versprach sich von deren Lebenssaft ewige Schönheit. Nun steht im 17.
       Jahrhundert Menschentöten durchaus auf der Tagesordnung des Adels. Doch,
       wie die Stimme aus dem Off erklärt, was bei Männern zur Heldenverehrung
       führe, legitimiere bei Frauen ihre Ächtung.
       
       Báthory, gespielt von Julie Delpy selbst, geht in "The Countess" nun nicht
       nur in Sachen Blut radikale Wege. Sie, deren Mann mit Syphilis oder
       Ähnlichem vom Schlachtfeld heimkehrt und verendet, lebt und schläft mit
       Frauen und küsst ihre männlichen Liebhaber ungeniert vor den Augen der
       lokalen Honoratioren. Doch dann gerät die 39-Jährige außer Kontrolle: Sie
       verliebt sich in einen jungen Mann (Daniel Brühl).
       
       Warum aber vergraben sich die Augen der Delpy ausgerechnet in das Gesicht
       dieses Jünglings? Die Kamera wenigstens findet in diesem nichts
       Sehenswertes - und schon gar nicht findet sie das, was Erzsébet nicht müde
       wird zu rühmen: die unberührte jugendliche Schönheit. Delpy ist hier ein
       Fehler in der Besetzung unterlaufen, die der Film bis zum Schluss nicht
       verkraftet. Die Tragik der vielfältig verratenen Liebe bleibt daher pure
       Behauptung, mantraartig von Erzählern aus dem Off beschworen. Nicht einmal
       Charme, ein wenig wenigstens, entfaltet Brühl, und auch das ehrt Delpy in
       diesem Fall nicht als Regisseurin. Wir wissen: Er kann das besser. Den
       anderen Charakteren ergeht es ebenso: Keiner entwickelt ein Eigenleben.
       Genau das aber war die Stärke des fabelhaften Adam Goldberg in "Zwei Tage
       in Paris", einer jener seltenen Liebeskomödien, die weibliche
       Zeitgenossenschaft mit Humor und großer Romantik verbinden. Und auch Brühl
       war in dem Film in seiner Nebenrolle als Burger-Verkäufer ja durchaus
       passabel.
       
       Die mangelnde Radikalität oder auch nur Entschiedenheit scheint das
       Hauptproblem von "The Countess" zu sein. Delpy wollte offenkundig keine
       Liebesgeschichte erzählen, sie war ihr nur Mittel zum Zweck. Ebenso wenig
       interessiert sie die Historie. Trotzdem verwendet sie auf beide Thematiken
       viel Zeit. Dabei ist klar: Delpy will vor allem aus ihrem Image des
       verträumten Mädchens ausbrechen. Und in der Rolle der Serienmörderin darf
       sie all das sein, was das Klischee von der blonden Schönheit verbietet:
       egozentrisch, mächtig, gewalttätig und nicht mehr ganz taufrisch. So
       berechtigt ihre Fluchtbewegung ist, sie nimmt einen nicht gefangen. Dafür
       ist die Inszenierung zu dürftig, dafür haben schon zu viele Filme vor ihr
       dieses Terrain beackert.
       
       Bleiben die Splatterszenen. Doch entgegen Delpys Verheißung, hier würde
       Düsteres entfesselt: Die sind nun tatsächlich niedlich. Wer sich hier
       gruseln kann, dürfte noch nie einen "Tatort" gesehen haben.
       
       11 Feb 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Kappert
       
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