# taz.de -- studentische stadtplanung: Utopie gesucht
       
       > Der Nordwestknoten wird saniert. Und während Bausenator Reinhard Loske
       > auf "mittlere Sicht" dessen Abriss zusagt, zeigen Studierende derzeit
       > mögliche stadtplanerische Alternativen auf
       
 (IMG) Bild: Amerikanische Verhältnisse: der mehrstöckige Nordwestknoten
       
       Man stelle sich vor, der Nordwestknoten wäre weg: das Ungetüm, an dem
       Bremen American Highway spielt und städtisches Leben erstickt. Kein
       "Fly-Over" mehr nach Oldenburg, keine drei Etagen aus Auf- und Abfahrten
       und Autobahnzubringer. Das Stephanieviertel wäre nicht länger durch Bahn
       und Straße von der Überseestadt getrennt und Utbremen könnte wieder ein
       Stadtviertel werden.
       
       Genau mit dieser kühnen Utopie haben sich Studenten des Masterstudiengangs
       Architektur an der Hochschule Bremen beschäftigt. Klaus Schäfer, Professor
       für Städtebau, stellte ihnen die Aufgabe, den Knoten mit Elan zu zerhauen
       und die Brache neu zu gestalten. Das Ergebnis kann man jetzt anschauen:
       Sinnigerweise dort, wo Stadtplanung politischer Alltag ist, beim
       Bausenator.
       
       Neun verschiedene Modelle sind ausgestellt - und bei allen springt ins
       Auge, wie viel städtischer Raum plötzlich zur Verfügung stünde, wäre der
       Fly-Over weg: Raum für Stadtvillen und Blockrandbebauung, für urbane
       Plätze, für eine Mischung von Wohnen und Gewerbe. Das Stephaniviertel wäre
       keine abgeschnittene Insel mehr, Utbremen setzte sich organisch fort in
       Walle und Findorff.
       
       Das zentrale Problem, das die Studenten lösen mussten: Wie führen sie Bahn
       und Straße durch das Viertel? Die meisten entscheiden sich für eine
       zweistöckige Lösung, oben fährt der Zug, unten ist Platz für Autos und
       Fußgänger. Ein Modell spielt mit der Idee eines Viadukts, unter der Bahn
       gibt es zum Teil Läden und Cafés, die Menschen promenieren, die Fahrspuren
       trennen die Quartiere nicht. Man denkt spontan an Berlin oder Hamburg, an
       die S-Bahn und den Isemarkt etwa und an die wechselnden Stadtdurchblicke.
       
       Mit dabei bei der Präsentation der Modelle war Senatsbaudirektor
       Franz-Josef Höing. Er schaute sich alles sehr genau an und man merkte, wie
       es ihn elektrisierte, wie sehr Stadtplanung seine Leidenschaft ist. "In
       meinem letzten Leben", fing er an und dachte ganz offensichtlich daran,
       dass er vor kurzem noch selbst Studenten unterrichtete. Mit Lust am Diskurs
       schaltete er sich ein und sein Blickwinkel war nicht der eines
       Realpolitikers. Ihm waren die meisten Modelle eher zu wenig utopisch, zu
       sehr am Machbaren orientiert. Wo, fragte er mehrfach, wo sind die starken
       Bilder, die einen mitreißen, die Suggestivkraft? "Sie sind zu nüchtern, mir
       fehlt, dass ich eine Gänsehaut bekomme!", meinte Höing.
       
       Während Studenten ihre Utopie vorstellten, stand der Fly-Over nach
       Oldenburg auch im Parlament auf der Tagesordnung: Dieser sei nicht mehr
       verkehrssicher - und wird deshalb während der Sommerferien saniert und
       dafür voll gesperrt. Zunächst bleibt dabei aber der Status quo erhalten.
       Aber vielleicht sind die Tage des Knotens trotzdem gezählt. Bausenator
       Reinhard Loske verspricht, dass er "auf mittlere Sicht" abgerissen wird,
       sobald der Autobahnring um Bremen geschlossen sei. Vielleicht können dann
       die Modelle der Studenten die utopische Kraft der Stadtplaner beflügeln.
       
       17 Feb 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christine Spiess
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Oldenburg
       
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