# taz.de -- Virtuelles Stadtmodell auf Google Earth: Berlin ruckelt durch das Netz
       
       > Haus für Haus lässt sich ganz Berlin dreidimensional im Internet
       > bewundern. Jeder Straßenzug wird sichtbar, das Modell soll Investoren
       > anlocken.
       
 (IMG) Bild: Sieht fast echt aus: Der virtuelle Alexanderplatz auf Google Earth.
       
       Damals, in der grauen Zeit ohne Internet, musste man noch nach Berlin
       fahren, um sich ein Bild von der Stadt zu machen. Heute setzt man sich
       einfach an den Computer. Denn seit dieser Woche ist Berlin komplett als
       dreidimensionales Modell zu bewundern - Haus für Haus.
       
       Ganz neu ist die virtuelle Betrachtung der Welt von oben nicht. Google Maps
       bietet schon seit Jahren jeden Hinterhof in Satellitenperspektive. Bei
       Virtual Earth, dem Konkurrenzprogramm von Microsoft, sind die Bilder zwar
       nicht so detailliert, dafür gibt es als "Vogelperspektive" auch
       Schrägansichten ganzer Straßenzüge, die die Orientierung erleichtern.
       
       Auch das nun vom Senat und der Marketinggesellschaft Berlin Partner
       präsentierte 3-D-Modell gibt es schon seit zwei Jahren bei Google Earth.
       Bisher allerdings entsprach nur bei ausgewählten Gebäuden das virtuelle
       Bild der Wirklichkeit. Das hat sich nun geändert. "Die Stadt wurde in
       niedriger Höhe überflogen, Planquadrat für Planquadrat", erklärt Christoph
       Lang, Sprecher von Berlin Partner. Die aufgenommenen Schrägbilder wurden
       mit den beim Katasteramt gespeicherten Gebäudeformen kombiniert. Dieser
       Prozess lässt sich auf dem Bildschirm nachvollziehen. Denn die Datenflut
       bringt den Rechner ins Schwitzen. Aus der zunächst noch planen Draufsicht
       wachsen zunächst Stück für die Stück die Gebäude als weiße Bauklötzchen,
       auf die schließlich die Fassadenbilder gehängt werden. Eigentlich müsste
       das wesentlich schneller gehen. "Ein handelsüblicher Laptop, der sich für
       normale Computerspiele eignet, sollte ausreichen", sagt Lang. Das gilt aber
       nur, wenn Grafikkarte, Internetverbindung und Rechnerkapazität optimal
       sind. Im taz-Test jedenfalls ist der Gang durch das 3-D-Berlin ein äußerst
       ruckeliges Vergnügen.
       
       Dennoch lassen sich die Reize unschwer erkennen. Vom Stadtzentrum über die
       Plattenbauten in Marzahn bis zur Datsche am Müggelsee, alle 500.000 Gebäude
       können angesteuert, alle Straßenzüge "durchflogen" werden. Von oben. Aus
       allen Himmelsrichtungen. Nur die Autos auf den Straßen bleiben flach.
       
       Fünf Gebäude können sogar von innen erkundet werden. Im Hauptbahnhof trifft
       man zum Beispiel neben einzelnen Passanten einen Wachschützer mit Knarre im
       Halfter. Auch Tempelhof-Nostalgiker kommen auf ihre Kosten. Mit ein wenig
       Übung lässt sich der Landeanflug auf den im Herbst geschlossenen Flughafen
       simulieren. In Mitte wird das Online-Berlin gar zum echten Zukunftsmodell.
       Zwar zeigt das im Mai 2006 aufgenommene Satellitenbild noch den Palast der
       Republik, doch das 3-D-Modell präsentiert bereits das rekonstruierte
       Schloss.
       
       Dennoch ist das Google-Earth-Berlin weit mehr als eine Spielerei. Wer etwa
       eine "verkehrsgünstig gelegene Wohnung" angeboten bekommt, kann anhand des
       Modells schnell erkennen, ob damit ein U-Bahn-Anschluss oder die
       Stadtautobahn gemeint ist. Selbst der Sonnenstand im Tagesverlauf lässt
       sich simulieren. So wird leicht ersichtlich, ob ein Balkon schon am
       Nachmittag verschattet ist.
       
       Doch nicht nur für Immobilienvermarkter sei die kommerzielle Nutzung der
       Internetcity hochspannend, meint Lang. Die Berlin Partner hoffen, mit dem
       1,1 Millionen Euro teuren Projekt - davon 900.000 Euro aus einem EU-Topf -
       vor allem Investoren in das reale Berlin zu locken. Deshalb wurden etwa die
       Standorte der Musikindustrie besonders hervorgehoben. Zudem wurde das
       Modell mit Daten aus dem Wissenschafts- und dem Museumsportal verknüpft.
       Und für die Sicherheit falle auch noch etwas ab, erklärt Lang. Die
       zuständigen Behörden könnten anhand des Modells etwa Evakuierungen bei
       einem Katastrophenfall berechnen oder den Ausfall der Wasserversorgung
       simulieren.
       
       4 Mar 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA