# taz.de -- Interview mit Professor für Wasserwirtschaft: "Spurenstoffe im Trinkwasser"
       
       > Wasserwirtschaftsprofessor Matthias Barjenbruch warnt: Das Berliner
       > Trinkwasser wird immer chemischer. Wasserknappheit droht dagegen nicht.
       > Im Gegenteil: Im Keller kann es feucht werden.
       
 (IMG) Bild: Wasser im Glas - mit oder ohne Chemikalien?
       
       taz: Herr Barjenbruch, wie steht es ums Trinkwasser in Berlin?
       
       Matthias Barjenbruch: Bisher ist die Wasserversorgung relativ sicher. Aber
       es gibt künftig möglicherweise ein Problem mit Arzneimittelresten und
       anderen chemischen Stoffen. Jeder Deutsche nimmt im Schnitt pro Jahr 19,5
       Packungen Medikamente zu sich, ein Teil der Wirkstoffe landet über die
       Kanalisation in den Gewässern.
       
       Aber es ist ja nichts Neues, dass solche Schadstoffe ins Wasser kommen.
       Warum wird das in Zukunft problematischer?
       
       Der Grad der Verschmutzung kann steigen. Wir gewinnen viel Wasser aus Spree
       und Havel. Durch den Klimawandel sinkt dort langfristig die Wassermenge,
       wodurch sich der Verschmutzungsanteil erhöht, auch wenn nicht mehr
       Schadstoffe zugeführt werden.
       
       Aber filtern die Kläranlagen sie nicht heraus?
       
       Das können sie nicht ausreichend. Bei dem Trinkwasser, das aus Gewässern
       wie der Spree gewonnen wird, hat man sich das so vorzustellen: In Ufernähe
       wird ein Brunnen gebaut. Der Grundwasserspiegel liegt auf gleicher Höhe
       oder tiefer als der Gewässerspiegel. Es entsteht eine Flussrichtung vom
       Fluss in Richtung des Brunnens. Auf seinem Weg in den Untergrund wird das
       Wasser eigentlich durch chemische und physikalische Prozesse im Boden
       gereinigt, das nennt man Uferfiltration. Aber in dem Wasser sind so viele
       Spurenstoffe drin, neben den Arzneimittelresten auch zum Beispiel Pestizide
       von der Landwirtschaft, die überstehen das. Auch im Wasserwerk, wo das
       Wasser dann hingeht und Filterstufen durchläuft, können sie zum Teil nicht
       bereinigt werden. Deshalb können diese Spurenstoffe im Trinkwasser
       enthalten sein.
       
       Ist das für den Menschen gefährlich?
       
       Zurzeit gibt es gemäß den gültigen Vorschriften keine Einschränkungen der
       Trinkwassernutzung. Das kann aber künftig anders werden, wenn sich eben
       durch den Klimawandel der Schadstoffanteil erhöht. Es wird noch darüber
       gestritten, ab welcher Konzentration das kritisch wird. Unsere chemischen
       Verfahren werden immer genauer, wir können solche Stoffe besser nachweisen
       und ihre Wirkung genauer messen. Aber noch unklar ist, welche dieser Stoffe
       ab wann humantoxikologisch, also schädlich für die Menschen, sind. Das weiß
       man jetzt noch nicht. Selbst wenn einzelne Stoffe nicht problematisch sind,
       werden sie vielleicht in der Vielzahl, in der Kombination mit anderen
       Stoffen zum Problem.
       
       Weltweit wird Trinkwasser knapper. Auch in Berlin und Brandenburg?
       
       Nein, wir erhalten viel Wasser über das Urstromtal und rund 60 Prozent über
       die Uferfiltration, also indirekt über Spree und Havel. In Berlin ist der
       Grundwasserspiegel in den letzten Jahren eher wieder gestiegen, weil die
       Wassernachfrage um 30 bis 40 Prozent gesunken ist.
       
       Warum?
       
       Es ist hier in der Region viel Industrie weggefallen. Außerdem sparen die
       Leute mehr Wasser. Und dadurch steigt der Grundwasserspiegel. Zum Nachteil
       für die Leute, die ein Haus gebaut haben, als der Spiegel niedrig war:
       Deren Keller werden nass.
       
       INTERVIEW: ANNA CORVES
       
       20 Mar 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Corves
       
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