# taz.de -- Genlobby über Maisverbot verärgert: "Zukunftstechnologie verhindert"
       
       > Die Genlobby in der Union ist nach dem Verbot der Maissorte MON 810 sauer
       > und kritisiert Landwirtschaftsministerin Aigner. Einen runden Tisch
       > fordert nun Forschungsministerin Schavan.
       
 (IMG) Bild: Ilse Eigner steht in der Kritik aus den eigenen Reihen obwohl sie betonte, das MON-810-Verbot sei eine Einzelfallentscheidung.
       
       BERLIN taz | Das von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU)
       verkündete Anbauverbot für den Genmais MON 810 zieht einen tiefen Graben
       quer durch die Unionsparteien. Während ihre CSU-Parteikollegen begrüßten,
       dass Aigner die Aussaat der insektenresistenten Maiskörner untersagte, gab
       es aus der Schwesterpartei Kritik am Kurs im Landwirtschaftsministerium.
       
       "Ich halte die Entscheidung für falsch, weil wir damit eine
       Zukunftstechnologie in Deutschland verhindern oder große Umwege gehen
       müssen", sagte der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion im
       Bundestag, Peter Bleser (CDU). Langfristig seien Arbeitsplätze in Gefahr.
       Auch Katherina Reiche (CDU), Vizevorsitzende der Unionsfraktion, will den
       Vorstoß von Aigner so nicht mittragen: "Ich habe für das Verbot kein
       Verständnis." Sie bezeichnete Aigners Entscheidung als "stark CSU-geprägt"
       und "populistisch."
       
       Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte in einer ersten
       Reaktion sogar an, dass sie einen runden Tisch einrichten werde, um
       gemeinsam mit Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft und den betroffenen
       Ressorts aus Bund und Ländern den Forschungsstandort Deutschland auch für
       die grüne Gentechnik attraktiv zu gestalten. "Wir brauchen klare Signale
       für die Forschung in der grünen Gentechnik in Deutschland und in Europa",
       sagte Schavan.
       
       Auf Unverständnis wird dann bei ihr auch das Vorhaben des bayerischen
       Umweltministers Markus Söder (CSU) treffen, der den Freistaat Bayern als
       "gentechnikanbaufreie Zone" ausrufen möchte. Selbst begrenzte
       Freisetzungsversuche mit genveränderten Pflanzen sollten seiner Meinung
       nach in Bayern nicht mehr stattfinden. Ob diese Position auch nach den
       nächsten Wahlen in der CSU noch mehrheitsfähig ist, bleibt abzuwarten. So
       weit ist selbst Ministerin Aigner nicht gegangen. Sie betonte, dass das
       MON-810-Verbot eine Einzelfallentscheidung sei.
       
       Der Biotechkonzern Monsanto wird Aigners Entscheidung vermutlich nicht
       einfach hinnehmen. Ob Monsanto juristisch dagegen vorgehen wird, sei "noch
       nicht entschieden", sagte Monsanto-Sprecher Björn Malcharczyk. "Noch haben
       wir keinen offiziellen Bescheid." Der Weltmarktführer bei Gentech-Saatgut
       hat auch die laufende Anbausaison noch nicht aufgegeben. Monsanto werde
       alle Optionen prüfen, "damit Landwirten in Deutschland die Möglichkeit
       offensteht, MON 810 anzubauen", verkündete der Konzern.
       
       Den runden Tisch von Forschungsministerin Schavan bezeichnete
       Monsanto-Sprecher gegenüber der taz als einen "guten Vorschlag". Diese
       Initiative "sehen wir getrennt von dem MON-810-Verbot". Vielleicht schaffe
       es Forschungsministerin Schavan sogar, dass Landwirtschaftsministerin
       Aigner mit am runden Tisch sitze, hofft der Monsanto-Sprecher. Von Vorteil
       wird dann sicher sein, dass Schavans "runder Tisch" tatsächlich nur
       halbrund ist. Denn dass Umwelt- und Naturschutzverbände mit an dem Tisch
       sitzen, ist nicht vorgesehen.
       
       15 Apr 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolfgang Löhr
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Saatgut-Skandal: Illegaler Gentech-Mais
       
       Trotz Anbauverbot wächst auf 3.000 Hektar in sieben Bundesländern
       genmanipulierter Mais. Die Kontrollbehörden reagierten zu spät. Absicht,
       Unfähigkeit oder Schlamperei?
       
 (DIR) Greenpeace testet Futter für Milchkühe: Gensoja statt Alpenklee
       
       Eine Stichprobe von Greenpeace zeigt: Im Futtertrog der Milchkühe landet
       häufig gentechnisch verändertes Soja. Experten streiten darüber, ob es sich
       gänzlich ersetzen lässt.
       
 (DIR) Kommentar Genmais-Verbot: Die Freiheit des Verbrauchers
       
       Das Anbauverbot der gentechnisch veränderten Maissorte MON 810 ist ein
       Etappensieg - leider nicht mehr. Die größte Gefahr ist ein Sieg von Union
       und FDP bei der Wahl im September.
       
 (DIR) Genprodukte im Supermarkt: Kunde ohne Infos
       
       Deutsche Supermärkte sind nicht frei von Genprodukten. Indirekt gelangen
       sie über Zusatzstoffe wie Vitamine in die Lebensmittel - und müssen nicht
       gekennzeichnet werden.
       
 (DIR) Gentechnik-Gegner bleiben in der Offensive: Proteste planen
       
       Für die Gegner der Gentechnik ist mit dem Genmaisverbot die Schlacht um
       Genprodukte noch lange nicht beendet. Es gibt weitere Sorten, über die noch
       nicht entschieden ist.
       
 (DIR) Landwirtschaftsministerin entscheidet: Anbau von Genmais verboten
       
       Aus für den Anbau von Genmais: Die Bundesregierung hat das Aussäen der
       Monsanto-Körner untersagt. Die Gentechpolitik der EU-Kommission ist
       gescheitert.
       
 (DIR) Kommentar Genmais: Frohe Kunde, traurige Gestalt
       
       Für Landwirtschaftministerin Ilse Aigner ist das Anbauverbot für den
       Genmais nur eine Einzelfallentscheidung. Sie traut sich nicht, eine
       grundsätzliche Stellungnahme abzugeben.