# taz.de -- Schockstrategie gegen Zigarettenkonsum: Politiker wollen Horrorbilder
> In Brasilien oder Belgien warnen sie auf jeder Zigarettenschachtel:
> Bilder von Raucherlungen und kaputten Zähnen. Nächste Woche wollen
> Forscher ihre Wirksamkeit belegen.
(IMG) Bild: In Belgien sind die Schockbilder schon auf den Zigarettenpackungen zu finden.
BERLIN taz | Tabakgegner aus Politik und Forschung planen Initiativen zur
Durchsetzung von Schockbildern auf Zigarettenschachteln. Der Vorstandschef
des Deutschen Krebsforschungszentrums, Otmar Wiestler, schreibt im "Streit
der Woche" der sonntaz, die Wirksamkeit solcher Fotos belege ein
wissenschaftlicher Report seines Hauses. Damit will er nächste Woche an die
Öffentlichkeit gehen. Die SPD möchte die Einführung von Schockfotos, die
etwa Raucherlungen oder Kinder beim Inhalieren von Qualm zeigen, nach der
Bundestagswahl erreichen. Das schreibt Carola Reimann,
gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, in der sonntaz: "Schaden
werden diese Bilder niemandem außer der Tabakindustrie. Das ist zu
verschmerzen." Die Grünen-Politikerin Ulrike Höfken, Chefin des
Bundestags-Verbraucherausschusses, sagte der taz: "Die Frage des Schutzes
vor Nikotin muss einfach neu aufgerollt werden."
Schockbilder sind in über 20 Staaten Pflicht, darunter Kanada, Brasilienund
Belgien. In Großbritannien sind ab Herbst entsprechende Bilder Pflicht. In
Deutschland sind bisher nur Texthinweise wie "Rauchen kann tödlich sein"
Vorschrift. "Raucherinnen und Raucher haben sich allzu schnell an die
textlichen Warnhinweise gewöhnt und nehmen diese schon nicht mehr wahr",
schreibt Krebsforscher Wiestler. Die SPD-Politiker Reimann findet: "Es geht
hier nicht um Dramatisierung, sondern um die bildliche Darstellung der
Fakten. " Die Autorin des Buches "Genuss im kulturellen Wandel", Annerose
Menninger, erklärte: "Bilder sind sehr viel eindringlicher als Worte. Es
ist daher nur konsequent, dass man jetzt den Weg der illustrativen
Prävention wählt und per drastische Fotografien tödliche Tabakfolgen vor
Augen führt."
Dagegen bezweifelt der Tübinger Wirt Uli Neu die Wirksamkeit von
Schockbildern. Neu hatte vor rund einem Jahr vor dem
Bundesverfassungsgericht mit seiner Klage gegen das Kneipenrauchverbot
Erfolg. In der sonntaz schreibt er: "Für kleine Kinder und deren Psyche
sind solche Horrorbilder wahrscheinlich zu heftig." Dagegen dürfte ein ein
Achtzehnjähriger, der seine Packung am Automaten oder am Kiosk kaufe, eher
abgestumpft und gleichgültig reagieren. Auch die brasilianische
Journalistin Daniela Chiaretti, in deren Heimat Schockbilder bereits
Pflicht sind, bezweifelt die Wirksamkeit. Viele Raucherinnen und Raucher
hätten ein Etui für ihre Tabakpackungen.
Kritik an Schockbildern äußert auch der Chemnitzer Philosophieprofessor
Klaus Sachs-Hombach, zu dessen Arbeitsschwerpunkten die
Kognitionswissenschaften gehören. "Anders als Bilder der Werbung, die zu
immer neuen Tabubrüchen greifen, werden Bilder von Raucherlungen und
Tumoren die Gemüter kaum lange erregen, sondern bald den umgekehrten Effekt
zeitigen: Abstumpfung."
22 May 2009
## AUTOREN
(DIR) G. Löwisch
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