# taz.de -- Klamme Gemeinde sinnt auf kreative Lösungen: Eintritt zahlen für die Kirche
       
       > Die Lübecker St. Marien-Kirche verlangt von Besuchergruppen eine Gebühr -
       > auch von Schulklassen. Damit will sie fehlende Spenden ausgleichen
       
 (IMG) Bild: Not macht erfinderisch: 2004 servierten Pastor Bernd Schwarze (l.) und der Gastronom Lothar Tubbesing in der Marienkirche ein Festessen für die Rettung der Kirchtürme Lübecks.
       
       Bei einem Besuch der Lübecker St. Marien-Kirche werden Schulklassen mit
       einer Eintrittsgebühr von zehn Euro zur Kasse gebeten. Die Gebühr wurde
       zwar schon im April dieses Jahres eingeführt - erst jetzt jedoch löste die
       Beschwerde einer Lehrerin eine Diskussion in der Öffentlichkeit darüber
       aus.
       
       Ursache für die Idee der Pflichtabgabe war nach Auskunft der Gemeinde ein
       massiver Einbruch bei den Spendengeldern von 133.000 Euro im Jahr 2006
       sowie um jeweils rund 25.000 Euro in den Jahren 2007 und 2008. Gleichzeitig
       stiegen die Kosten für die Gebäudeinstandsetzung um 20 Prozent. Um einen
       erwarteten weiteren Ausfall in Zukunft aufzufangen, beschloss daher der
       Vorstand der Lübecker Kirchengemeinde im März, für einen Kirchenrundgang
       eine Gebühr von allen geführten Gruppen zu erheben.
       
       Neben der Pauschalsumme, die für Schulklassen festgesetzt wurde, bedeutet
       dies eine Gebühr von zwei Euro pro Teilnehmer einer Reisegruppe. Die
       Regelung ist als Pilotprojekt gedacht, das während der Sommersaison
       ausprobiert werden soll. Im Anschluss sollen die Ergebnisse ausgewertet
       werden. Danach will die Kirche über eine Fortführung des Projekts
       entscheiden.
       
       Historische Bauten wie St. Marien, die als die älteste gotische
       Backsteinkirche Norddeutschlands gilt, sind in der Regel mit hohen
       laufenden Kosten belastet. Dazu gehören vor allem Ausgaben für die Heizung,
       das Personal, laufend anfallende Restaurierungsarbeiten und die Reinigung.
       Da die Kirchensteuer nicht ausreichen würde, um den hohen Bedarf zu decken,
       greifen die Kirchen auf Spendengelder als eine der Haupteinnahmequellen
       zurück. Die aktuelle Wirtschaftskrise macht sich jedoch in einer
       zurückgehenden Spendenbereitschaft bemerkbar.
       
       Die Gemeinde in Lübeck orientiert sich nun bei ihrer Problemlösung an
       vergleichbaren kirchlichen Bauten in Europa, die ebenfalls von vielen
       Touristen besucht werden. Anderswo gibt es bereits Modelle, nach denen
       Gebühren für das Betreten der Gruft, den Kirchturm oder beim Eintritt mit
       einer geführten Gruppe verlangt werden. Für St. Marien wäre das eine
       Chance: Die Kirche wird von einer Million Menschen im Jahr besucht.
       
       Der Beschluss des Gemeindevorstands hat innerhalb der Kirche viel Kritik
       hervorgerufen. Pastor Thomas Kärst, Pressesprecher der Bischofskanzlei
       Hamburg und Lübeck, stört sich vor allem daran, dass Gebühren von
       Schulklassen erhoben werden. "Wenn man das Ziel hat, junge Leute an die
       Kirche heranzuführen, ist es kontraproduktiv Eintrittsgeld zu verlangen",
       findet er. Dies gebe es in keiner Kirche, die er kenne. Wenn das
       Spendenaufkommen zurückgehe, sollten sich die Gemeinden um kreative
       Lösungen bemühen. Zwar gebe es Gebühren für geführte Gruppen auch an
       anderen Kirchen, aber dies könne nur ein letzter Schritt sein.
       
       1 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Neukirchinger
       
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