# taz.de -- Bundesrat billigt Grundgesetzänderung: Schuldenbremse gezogen
       
       > Ab 2020 dürfen die Länder keine neuen Schulden mehr machen. Der Bund
       > erhält nur noch einen Spielraum von 0,35 Prozent des BIP. Drei Länder
       > stimmten dagegen - aus verfassungsrechtlichen Bedenken.
       
 (IMG) Bild: Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) macht im Bundesrat Werbung für die Schuldenbremse.
       
       BERLIN dpa |Nach mehr als zweijährigen Verhandlungen haben sich Bund und
       Länder endgültig auf eine strikte Schuldenbremse verpflichtet. Der
       Bundesrat billigte am Freitag mehrheitlich die Grundgesetzänderung. Die
       neue Schuldengrenze verbietet den Ländern praktisch neue Kredite und setzt
       dem Bund bei der Neuaufnahme von Schulden enge Grenzen. Lediglich die
       Länder Berlin, Mecklenburg- Vorpommern und Schleswig-Holstein stimmten
       nicht zu. Der Bundestag hatte bereits Ende Mai mit Zwei-Drittel-Mehrheit
       den Regeln zugestimmt.
       
       Die neue Schuldenbremse erlaubt den Ländern vom Jahr 2020 an keine neuen
       Schulden mehr. Dem Bund wird von 2016 an in wirtschaftlich normalen Zeiten
       nur noch ein Spielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
       pro Jahr zugestanden - das entspricht derzeit neun Milliarden Euro. Mit der
       verschärften Grenze wird auch auf die Konjunkturprogramme und
       Banken-Rettungspakete reagiert, die zu einer Rekordverschuldung führen
       werden. Die bisherigen Grundgesetzregeln haben einen Anstieg der Schulden
       in den vergangenen 40 Jahren auf fast 1600 Milliarden Euro nicht
       verhindert.
       
       Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach von einem Beschluss mit
       "wegweisender Bedeutung". Die Schuldengrenze sei auch ein Signal an die
       Bürger, dass der Staat nach dieser ungewöhnlichen Krise mit
       disziplinierenden Regeln wieder zur Konsolidierung der Staatskassen
       zurückkehren werde. Es müsse größere Spielräume für Zukunftsinvestitionen
       geben. Er warnte zugleich mit Blick auf den Bundestagswahlkampf vor
       Versprechungen für neue Steuersenkungen.
       
       Für den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger
       (CDU), der zusammen mit SPD-Fraktionschef Peter Struck die
       Föderalismuskommission II zur Schuldenbremse geführt hatte, wurde ein
       "beachtliches Ergebnis in schwieriger Zeit" erreicht. Die schärferen Regeln
       kämen gerade in der Krise zum richtigen Zeitpunkt. Nach der Krise müsse mit
       noch größeren Schritten die Konsolidierung der Staatskassen angegangen
       werden. Der Schuldenstand des Staates werde in den nächsten Jahren auf 70
       Prozent des Bruttoinlandprodukts BIP und mehr steigen und damit weit über
       der zulässigen Obergrenze der EU-Vorgaben liegen. "Dies zeigt die
       Sprengkraft von weiter horrend steigenden Schulden."
       
       Oettinger verwies darauf, dass zunächst nur eine Bremse gegen immer neue
       Schulden vereinbart worden sei. Der Abbau der bisher aufgelaufenen
       Altschulden werde vielleicht in fünf bis acht Jahren geregelt. Der jetzige
       Plan sieht aber Konsolidierungshilfen vor: Ärmere Bundesländer werden
       dadurch zum Abbau ihrer Altschulden von 2011 bis 2019 jährlich mit rund 800
       Millionen Euro unterstützt. Die insgesamt 7,2 Milliarden Euro teilen sich
       Bund und Länder je zur Hälfte. Nach bisherigem Stand kann Bremen mit rund
       300 Millionen Euro jährlich rechnen, das Saarland mit 260 Millionen und
       Schleswig- Holstein mit 80 Millionen Euro pro Jahr. Weitere Begünstigte
       sind Berlin und Sachsen-Anhalt. Sie können mit 80 Millionen Euro rechnen.
       
       Die Länder, die der Schuldenbremse nicht zugestimmt haben, melden unter
       anderem verfassungsrechtliche Bedenken an. Sie sehen die Kompetenz der
       Länderparlamente beschnitten und kritisieren einen unzulässigen Eingriff in
       die Haushaltshoheit. Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern,
       Erwin Sellering (SPD), kritisierte die Konsolidierungshilfen als "weder
       gerecht noch effizient". So würden Länder bestraft, die wie
       Mecklenburg-Vorpommern mit erheblichen Anstrengungen Erfolge bei der
       Sanierung ihrer Haushalte erzielt hätten. Das Ziel der Schuldenbremse sei
       richtig, der Weg aber falsch. Im Jahr 2019 laufen die Solidarpakt-II-Gelder
       zum Aufbau Ost aus.
       
       Die Schuldenbremse ist laut Steinbrück auch ein Signal an die
       Kapitalmärkte, wie ernst es Deutschland mit der Sanierung der Haushalte
       meine. Es gehe um die Kreditwürdigkeit Deutschlands. Schließlich müsse sich
       der Bund im nächsten Jahr wahrscheinlich 330 Milliarden Euro frisches Geld
       (Bruttokreditaufnahme) leihen, um alte und neue Kredite sowie Zinsen
       bedienen zu können. Im nächsten Jahr werde allein der Bund eher 90
       Milliarden Euro neue Schulden (Nettokreditaufnahme) machen, so viel wie nie
       zuvor. 15 Prozent des Bundesetats fließen inzwischen allein in
       Zinszahlungen.
       
       12 Jun 2009
       
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