# taz.de -- Kriegsverbrechen im Ausland: Spanien legt seine Richter an die Leine
       
       > Die spanische Justiz darf Menschenrechsverletzungen nicht mehr weltweit
       > verfolgen. Richter am obersten Gerichtshof kritisierten, die Reform sorge
       > für "Straffreiheit für solche Delikte".
       
 (IMG) Bild: Der ehemalige chilenische Diktator Pinochet wurde von Spaniens Justiz verfolgt.
       
       MADRID taz | Spaniens Justiz darf künftig schwere
       Menschenrechtsverletzungen sowie Völkermord im Ausland nur noch in
       Ausnahmefällen verfolgen. Eine breite Mehrheit von 341 gegen zwei Stimmen
       aus regierenden Sozialisten, der konservativen Opposition sowie gemäßigten
       Nationalisten stimmte am Donnerstag für eine Beschränkung des seit 1996
       gültigen Strafgesetzbuches, das erstmals die Zuständigkeit der spanische
       Gerichte für Menschenrechtsverletzungen und Völkermord überall auf der Welt
       festgeschrieben hatte. Jetzt dürfen die spanischen Richter nur noch dann
       tätig werden, wenn sich unter den Opfern Spanier befinden oder wenn die
       Täter in Spanien leben. Die bereits anhängigen Verfahren werden
       weitergeführt.
       
       Der wohl bekannteste Fall war die Verfolgung des ehemaligen chilenischen
       Diktators Augusto Pinochet durch den spanischen Richter Baltasar Garzón
       1998. Pinochet wurde dank eines internationalen Haftbefehls in London unter
       Hausarrest gestellt. Erst als Chile zusicherte, ihn zu Hause abzuurteilen,
       wurde er in seine Heimat überstellt.
       
       Verurteilt wurde unter dieser Rechtsklausel bisher lediglich ein
       Angeklagter, der Marineoffizier Rodolfo Scilingo aus Argentinien. Derzeit
       bearbeitet der oberste spanische Strafgerichtshof 10 Fälle, zum Beispiel
       gegen die US-Armee wegen Folter und Entführung in Guantánamo sowie wegen
       des Todes eines spanischen Kameramanns im Irakkrieg. Beide Fälle wären auch
       weiterhin möglich, da sich unter den Opfern Spanier befinden. Aber
       Ermittlungen wie das laufende Ermittlungsverfahren gegen die israelische
       Armee wegen Völkermord in Gaza oder das gegen die Regierung Chinas wegen
       der Besetzung Tibets und der Verfolgung der Religionsgemeinschaft Falun
       Gong wird es nicht mehr geben. Solche Verfahren hatten immer wieder zu
       diplomatischen Unstimmigkeiten geführt. Dies ist wohl mit einer der
       wichtigsten Gründe für die Gesetzesänderung.
       
       Die Richter am obersten Gerichtshof erklärten in den letzten Tagen immer
       wieder gegenüber spanischen Medien, dass sie mit der Reform nicht
       einverstanden sind. Spanien sei "Pionier" auf dem Feld der universellen
       Gerichtsbarkeit gegen Menschenrechtsverletzungen und Völkermord. Die Reform
       sorge für "Straffreiheit für solche Delikte", zitiert die Agentur Europa
       Press Mitglieder des Führungsgremiums am Obersten Gerichtshof.
       
       "Die Botschaft ist klar: Spanien kümmert sich mehr darum, bestimmte,
       mächtige Regierungen nicht zu verärgern, als darum, die Straffreiheit, die
       die Verbrecher genießen, zu beenden", heißt es in einem gemeinsamen
       Kommuniqué von sieben Organisationen, darunter Amnesty International, Human
       Rights Watch sowie die beiden großen spanischen Gewerkschaften CCOO und
       UGT.
       
       26 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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