# taz.de -- Honduras Präsident aus Amt gejagt: Ein Putsch der alten Schule
       
       > Die honduranische Armee stürzt den Staatspräsidenten Manuel Zelaya.
       > Selbst Parteifreunde unterstützen die Militärs.
       
 (IMG) Bild: Nach Costa Rica ausgeflogen: Honduras geputschter Präsident Zelaya.
       
       SAN SALVADOR taz | In den ersten 150 Jahren seiner Unabhängigkeit von der
       spanischen Krone hat Honduras 125 Militärputsche erlebt. Dann war es fast
       drei Jahrzehnte lang ruhig. Bis zum Sonntag um 5.30 Uhr Ortszeit. Eine
       Einheit von Soldaten stürmte die Residenz von Präsident Manuel Zelaya. Nach
       zwanzig Minuten der Auseinandersetzung, bei der einzelne Schüsse gefallen
       sein sollen, zog sich die Ehrenwache zurück. Zelaya wurde im Schlafanzug
       verhaftet und mit vorgehaltener Waffe zu einem Luftwaffenstützpunkt
       gebracht. Von dort wurde er außer Landes geflogen. Gut zweieinhalb Stunden
       später landete sein Flugzeug in Costa Rica. Die Militärs ließen Zelaya
       aussteigen und flogen schnurstracks zurück nach Honduras.
       
       Bei seiner improvisierten Pressekonferenz auf dem Flughafen von San José
       sprach der Präsident - noch immer im Schlafanzug - von einem "Exzess
       brutaler Gewalt" und konnte noch immer nicht verstehen, was mit ihm
       geschehen war: "Man macht doch keinen Staatsstreich wegen unterschiedlicher
       politischer Meinungen", sagte er. Auch Óscar Arias Sánchez, Präsident von
       Costa Rica und der konservativste der derzeitigen zentralamerikanischen
       Staatschefs, zeigte sich konsterniert: "Wir hatten geglaubt, dass die lange
       Nacht der Militärdiktaturen in Lateinamerika zu Ende sei", sagte er an der
       Seite seines unfreiwilligen Gastes.
       
       Der Konflikt zwischen Zelaya und dem politischen und wirtschaftlichen
       Establishment schwelte schon ein paar Monate. Es geht dabei um die
       Präsidentschafts-, Parlaments- und Bürgermeisterwahl Ende November. Zelaya,
       der sich in den vergangenen zwei Jahren immer mehr der revolutionären
       Rhetorik seines venezolanischen Kollegen Hugo Chávez angenähert hatte,
       wollte an diesem Tag über eine verfassunggebende Versammlung abstimmen
       lassen. Die Opposition lehnte das ab, ebenso seine eigene Liberale Partei.
       Schließlich erklärte auch der Oberste Gerichtshof ein solches Referendum
       für unzulässig. Zelaya wurde unterstellt, dass dieser in einer neuen
       Verfassung das bisher geltende Verbot einer Wiederwahl des Präsidenten
       streichen und seine Macht auf alle Zeiten festschreiben wolle - obwohl
       Zelaya aufgrund der jetzigen Rechtslage im November gar nicht hätte
       kandidieren können.
       
       Am Sonntag nun wollte der Präsident die Bevölkerung gegen das Establishment
       in Stellung bringen und eine Volksabstimmung über das geplante Referendum
       durchführen. Rechtlich bindend wäre dieses Votum zwar nicht gewesen, aber
       es hätte den Druck auf das Parlament erhöht. Doch der Oberste Wahlrat
       erklärte die Abstimmung für illegal. Und Generalstabschef Romeo Vásquez
       weigerte sich am Mittwoch, Urnen und Wahlunterlagen im Land verteilen zu
       lassen. Zelaya setzte daraufhin Vásquez und die gesamte Führung der Armee
       ab und führte am Donnerstag höchstselbst einen Demonstrationszug in die
       Kaserne an, in der das Wahlmaterial gelagert war. Mit der Verteilung wurde
       die Polizei betraut.
       
       Kurz vor Beginn der Abstimmung aber schlugen die Militärs zu. Seither
       sichern Soldaten den Präsidentschaftspalast, das Parlament und das Oberste
       Gericht. Panzer sind in den Straßen, Hubschrauber kreisen über der
       Hauptstadt. Es wurde eine zweitägige Ausgangssperre verhängt - das
       klassische Programm der lateinamerikanischen Militärputschs der
       Achtzigerjahre. Trotzdem kam es in der Hauptstadt zu Protesten. Es gab
       brennende Barrikaden, Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas gegen
       Demonstranten vor. Vereinzelt wurden auch Schüsse gehört.
       
       Im Kongress wurde ein angebliches Schreiben Zelayas verlesen, wonach er
       "aus gesundheitlichen Gründen" vom Präsidentenamt zurücktrete. "Alles
       gefälscht", antwortete der postwendend aus Costa Rica. "Nur das Volk kann
       mich absetzen." Was sich derzeit in Honduras abspiele, sei "eine politische
       Verschwörung, die von den Militärs unterstützt wird". Die Abgeordneten
       ließen sich davon nicht beeindrucken. Schon am Sonntagnachmittag wurde
       Parlamentspräsident Roberto Micheletti als neuer Staatspräsident vereidigt.
       Er ist zugleich Vorsitzender der Liberalen Partei, der Partei des
       gestürzten Präsidenten.
       
       Micheletti sieht sich nicht als Putschisten. Die Soldaten hätten
       gesetzeskonform gehandelt, er selbst sei als Präsident "das Produkt eines
       absolut legalen Übergangsprozesses". Die sechs Monate seiner Amtszeit bis
       zur Wahl im November werde er für einen "nationalen Dialog" nutzen. Wenn er
       denn sechs Monate lang im Amt sein wird.
       
       29 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cecibel Romero
       
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