# taz.de -- Lebenszeichen von Iran-Twitterer: Persiankiwi wohl in Sicherheit
       
       > In einer Mitteilung an einen anderen Twitter-User gibt persiankiwi
       > offenbar ein Lebenszeichen von sich. Die Gemeinde reagiert erleichtert.
       > Allerdings ist der Mikroblogger ins Gerede geraten.
       
 (IMG) Bild: Eine für gewöhnlich gute Quelle im Netz: Raymond Jahans Tweets unter dem Namen StopAhmadi.
       
       BERLIN taz | Die Nachricht kam Dienstagfrüh von Raymond Jahan, der unter
       dem Twitter-Namen StopAhmadi schreibt: Er leitete eine persönliche
       Nachricht (offenbar direkt an ihn) von User persiankiwi weiter. "Glaubt
       nichts, was irgendeiner über uns sagt – nur oxfordgirl, stopahmadi und
       iranbaan." Letztere sind die Namen dreier populärer und geachteter
       Twitterer aus dem Iran, deren Tweets zwischen 8.000 und 15.000 Menschen
       verfolgen.
       
       Diese Mitteilung, sowie den Hinweis von der anonymen Twitter-Userin
       oxfordgirl, "Persiankiwi ist in Sicherheit und twittert unter keiner
       anderen Variante seines Namens" werden seit Dienstagmorgen dutzendfach
       weitergeleitet – und lösten erleichterte Reaktionen derer aus, die seit gut
       zwei Wochen das Ringen der Demokratiebewegung um eine gerechte
       Präsidentenwahl im Internet verfolgen.
       
       Denn persiankiwi hatte nach den heftigen Auseinandersetzungen am Baharestan
       Platz am vergangenen Mittwoch [1][keine weiteren Tweets mehr gesendet]. Da
       er berichtete, dass jemand aus seiner Gruppe verhaftet wurde, machte sich
       viele Sorgen, ihn könnte das gleiche Schicksal ereilt haben. Zudem hatten
       seine vorerst letzten Tweets recht panisch geklungen.
       
       Darin hatte er von "so vielen Toten" gesprochen, deren Leichen in Lastwagen
       gehievt würden "wie in der Fabrik" – und von Angriffen auf Protestler mit
       Äxten: "In Baharestan sahen wir Milizen, die mit der Axt Leute wie Fleisch
       zerhackten – überall Blut."
       
       Diese Tweets haben persiankiwi ins Gerede gebracht. Denn diese Angaben
       konnten bislang nicht verifiziert werden. Natürlich ist persiankiwi kein
       Journalist und auch nicht unparteiisch. Doch seine Tweets waren bis dato
       recht ausbalanciert, und ließen sich durch andere Berichte bestätigen. Sein
       Ansehen ist nach wie vor hoch.
       
       Doch viele halten diese Berichte vom Baharestan Platz für übertrieben. Josh
       Shahryar, der unter dem Pseudonym "Night Owl" auf Anonymous Iran bloggt –
       und den täglichen [2][Green Brief] publiziert, erklärte am Sonntag, dass er
       persiankiwi seit dem Baharestan Protest nicht mehr als Quelle benutze.
       Zuvor hatte er erklärt, dass er persiankiwis Meldungen über Äxte nicht
       bestätigen könne.
       
       Allerdings berichtete [3][Le Monde] am Freitag, man habe mit Augenzeugen
       geredet, die bestätigten, dass die Bassidsch-Miliz unter anderem auch mit
       Äxten bewaffnet gewesen sei. Diese Augenzeugen haben aber nach eigenen
       Angaben nicht gesehen, ob sie wirklich benutzt wurden.
       
       Unabhängig davon hat persiankiwi seither nicht mehr getwittert – und man
       fragt sich ein wenig, warum. Vor allem wenn er trotzdem "Direct messages"
       über seinen Account schickt. Schließlich folgen Persiankiwis Twitteraccount
       inzwischen 35.000 Menschen, mehr als oxfordgirl, stopahmadi und iranbaan,
       die er nun empfiehlt.
       
       Zwischenzeitlich hatte es Gerüchte über Twitter gegeben, persiankiwi sei
       verhaftet worden. Diese wurden inzwischen dementiert. Es spricht einiges
       dafür, dass er tatsächlich am Mittwoch in üble Auseinandersetzungen geriet,
       und etwas panisch wurde – und auch so berichtete. Dass vielleicht sogar
       mehr daran stimmt, als man glauben möchte.
       
       Die Art und Weise aber, wie er plötzlich in der Versenkung verschwand und
       wie er sich jetzt wieder meldet - nämlich über StopAhmadi statt über seinen
       eigenen Account – wirft Fragen auf. Ist das alles nur eine große
       Selbstinszenierung? Aber es spricht viel dafür, dass es auch darauf bald
       Antworten aus der iranischen Twitter-Community geben wird.
       
       Bewusste Täuschung über Twitter 
       
       Dass bewusst versucht wird, über Twitter Leute irre zu führen, zeigt der
       Account persiankiwi2: Am Freitag tauchte plötzlich ein neuer
       Twitter-Account diesen Namens auf. Der Inhaber gab sich als persiankiwi
       aus, nutzte dasselbe Profilfoto, folgte denselben Twitter-Usern und
       behauptet, die Regierung habe das Passwort und den alten Account
       übernommen.
       
       Mehrere Twitter-User warnten, persiankiwi2 habe nicht dieselbe Tonalität,
       nutze andere hashtags (Schlagwörter auf Twitter) – und sei vermutlich eine
       Fälschung. Nachdem diese Reaktionen sich verbreitet hatten, löschte der
       geheimnisvolle User persiankiwi2 mehrere Einträge und startete den Account
       am Samstagvormittag praktisch komplett neu: diesesmal mit einer etwas
       anderen Tonlage. Es handelt sich also ganz offensichtlich um einen Fake.
       Und das wurde nun ja auch von dem weitergeleiteten Tweet von StopAhmadi
       bestätigt.
       
       Es bleibt schwierig herauszufinden, welche Informationen von Twitter
       verlässlich sind und welche nicht. Und doch gibt es nach wie vor viele
       Quellen, die verhältnismäßig aufschlussreich berichten und einen Eindruck
       über die Gefühlslage der Opposition liefern. Oxfordgirl, stopahmadi und
       iranbaan gehören ganz sicher dazu.
       
       30 Jun 2009
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/nahost/artikel/1/wo-ist-persiankiwi/
 (DIR) [2] http://iran.whyweprotest.net/news-current-events/4221-green-brief-13-june-29-a.html
 (DIR) [3] http://www.lemonde.fr/proche-orient/article/2009/06/25/temoignages-d-iran-je-vais-retrouver-mon-vote-et-me-battre_1211578_3218.html
       
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