# taz.de -- Uiguren-Aufstand in Westchina: Lang schwelender Konflikt eskaliert
       
       > Bei blutigen Krawallen zwischen muslimischen Uiguren und chinesischen
       > Sicherheitskräften im Nordwesten Chinas kamen mindestens 140 Menschen um.
       > Uiguren fühlen sich bevormundet.
       
 (IMG) Bild: Voran ging den Unruhen friedlicher Protet in der Hauptstadt – Foto eines ungenannten Bürgers, dessen Bild von der Agentur ap verbreitet wird. Ansonsten liegen nur Fotos der staatlichen Medien vor.
       
       PEKING taz | Nach den schweren Unruhen in Tibet 2008 ist es am Sonntag auch
       in der nordwestchinesischen Grenzregion Xingjiang zu einer gewaltsamen
       Explosion schwelender Nationalitätenkonflikte gekommen. Bei
       Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Uiguren und chinesischen
       Sicherheitskräften starben mindestens 140 Menschen, mehr als 800 wurden
       verletzt.
       
       Vorausgegangen war am Sonntag eine zunächst friedliche Demonstration von
       Uiguren in Ürümqi, der Hauptstadt Xinjiangs, sie sollen Passanten
       angegriffen haben. Die Polizei setzte Truppen und Panzerwagen ein. Gebäude
       und Autos gingen in Flammen auf. Hunderte Menschen wurden festgenommen,
       berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
       
       Chinesische Bewohner Ürümqis berichteten, sie seien von Uiguren auf offener
       Straße bedroht und angegriffen worden. In Chinas Internet erschienenen
       Videofilme und Fotos von wütenden Menschenmengen, brennenden Häusern und
       schwerverletzten Opfern. Später wurden viele Webseiten gesperrt, auch die
       Telefonleitungen waren teilweise unterbrochen. Damit zeigt sich, dass
       Peking in Xinjiang, dreitausend Kilometer im Westen, seine Probleme mit
       nationalen Minderheiten nicht in den Griff bekommt.
       
       Die uigurischen Demonstranten hatten eine Untersuchung blutiger
       Zusammenstöße zwischen Han-Chinesen und uigurischen Arbeitern in einer
       Spielzeugfabrik tausende Kilometer weiter im Süden, in der Provinz
       Guangdong, gefordert, bei der zwei uigurische Arbeiter ums Leben gekommen
       waren.
       
       Die Ursache der Spannungen zwischen Han-Chinesen und den muslimischen
       Uiguren, einem Turkvolk, liegen tiefer. Viele Uiguren fühlen sich von den
       Han-Chinesen bevormundet, unterdrückt und wirtschaftlich an den Rand
       gedrängt. Hinzu kommen große kulturelle Unterschiede.
       
       Die Han-Chinesen stellen rund 92 Prozent der Bevölkerung in der
       Volksrepublik. In Xinjiang sind die Uiguren traditionell in der Mehrheit,
       in der Hauptstadt allerdings sind inzwischen große Teile von
       Han-chinesischen Zuwanderern bewohnt.
       
       Die Pekinger Regierung bezichtigte Exiluiguren, die für einen unabhängigen
       Staat Ostturkistan kämpfen, hinter den Unruhen vom Sonntag zu stecken. Die
       Demonstrationen seien "aus dem Ausland angestachelt und gelenkt" worden.
       
       Drahtzieher sei vor allem die in den USA lebende uigurische Aktivistin
       Rebiya Kadeer. Sie ist Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren. Als
       Geschäftsfrau lebte sie in Ürümqi, bevor sie ins Gefängnis geworfen wurde
       und schließlich in die USA ausreisen durfte. Uigurische Exilorganisationen
       wiesen die Vorwürfe zurück.
       
       Die Argumentation der Pekinger Behörden erinnert an die Reaktion nach den
       Unruhen in Tibet und angrenzenden Regionen im März 2008. Damals warf die
       Regierung Exiltibetern, vor allem der "Dalai-Lama-Clique", vor, die
       Proteste angestachelt zu haben, um der Volksrepublik zu schaden und sie zu
       spalten.
       
       Viele Uiguren klagen, die Kontrollen in den Moscheen seien zu scharf. Die
       Regierung verbietet unter anderem Jugendlichen unter 18, in einer Moschee
       zu beten. Koranunterricht in den Schulen ist ebenfalls untersagt. Als
       Reaktion war in Xinjiang in den letzten Jahren eine deutliche Hinwendung zu
       einem konservativen Islam zu beobachten. Die Zahl der verschleierten Frauen
       in vielen Orten nahm zu.
       
       6 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jutta Lietsch
       
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