# taz.de -- Berliner Arbeitsmarkt: Krise trifft auf Jugend
> Senat befürchtet, dass Wirtschaftskrise vor allem Jugendliche trifft.
> Gewerkschaften fordern Betriebe zur Übernahme ihrer Azubis auf.
Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise wird in Berlin besonders junge
Menschen treffen. Das befürchten Gewerkschaften und Arbeitssenatorin Heidi
Knake-Werner (Linkspartei). "Die nächsten drei Monate werden zeigen, ob die
Schulabgänger genügend Ausbildungsplätze finden und ob die Unternehmen ihre
ausgelernten Azubis übernehmen", sagte Knacke-Werner am Mittwoch. Ihr
Wunsch sei es, dass die Berliner Unternehmen die Jugendlichen nicht in der
Luft hängen lassen.
Die Azubis seien die Fachkräfte der Zukunft, die dürfe man nicht einfach
ziehen lassen. Die Senatorin appellierte an die Betriebe, auch in Zeiten
der Wirtschaftskrise auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. "Wenn es nicht
anders geht, sollen die Unternehmen ihre ausgelernten Azubis in Kurzarbeit
schicken", erklärte sie. "Lieber Kurzarbeit als Arbeitslosigkeit." In
Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise sei das eine sinnvolle Möglichkeit
der Überbrückung.
Für 2008 zog die Senatorin eine positive Bilanz für den Ausbildungsmarkt.
Wenigstens rein rechnerisch gab es für jeden Jugendlichen, der eine
Lehrstelle gesucht hat, auch ein Angebot. Dennoch blieben bis Januar mehr
als 1.000 junge Frauen und Männer aus dem alten Jahrgang in Berlin ohne
Lehrstelle. Die Wirtschaftskrise, die nach Meinung Knacke-Werners jetzt
auch Berlin treffen wird, könne den insgesamt positiven Trend auf dem
Ausbildungsmarkt stoppen.
Mit konkreten Zahlen lässt sich die Befürchtung bisher nicht bestätigen. So
sank die Jugendarbeitslosigkeit im Juni im Vergleich zum Vorjahr um mehr
als 5 Prozent auf 23.797, wie die Bundesagentur für Arbeit Berlin
mitteilte. "Die Gefahr, dass sich das in den kommenden Monaten verschärft,
ist allerdings real", so Sprecher Olaf Möller. Im Juni waren über 8.000
Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Die Zahl wird sich
schnell erhöhen; erst im September wird klar sein, wie viele Jugendliche
tatsächlich keine Lehrstelle gefunden haben.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DBG) befürchtet, dass sich die
Wirtschaftskrise auf dem Arbeitsmarkt bei jungen Menschen bemerkbar machen
wird. "Wir glauben das nicht nur, wir merken das jetzt schon", sagte Dieter
Pienkny, Sprecher des DGB Berlin-Brandenburg. Viele Firmen hätten
signalisiert, in diesem Jahr weniger Azubis zu übernehmen als sonst.
"Besonders hoch qualifizierte und motivierte Kräfte wandern in andere
Bundesländer ab, wenn sie hier nicht weiter beschäftigt werden", erklärte
Pienkny. Vor allem beim Handel und im Telekommunikationsbereich sei die
Situation schwierig. Ebenso wie Senatorin Knacke-Werner sieht der
Gewerkschafter in Kurzarbeit "das kleinere Übel" im Vergleich zur
Arbeitslosigkeit - auch wenn eine solche Stelle gleich zu Beginn der
Berufslaufbahn mit Sicherheit demotivierend sei.
8 Jul 2009
## AUTOREN
(DIR) Paul Wrusch
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