# taz.de -- Kommentar Israelische Soldaten: Das Ende eines Mythos
       
       > Die israelischen Soldaten, die jetzt - anonym - ihre Geschichten aus dem
       > Gazakrieg erzählen, zeichnen ein düsteres Bild. Die Politik täte gut
       > daran, diese Aussagen ernst zu nehmen.
       
       Über Jahrzehnte hat Israels Armee einen Mythos konserviert, den Mythos der
       moralischen Überlegenheit und der höchsten ethischen Standards. Zivilisten
       zu schonen, sogar unter Gefährdung des Lebens der eigenen Soldaten - das
       haben die als "Tsahal" bekannten israelischen Streitkräfte stets als eine
       ihrer obersten Maximen behauptet.
       
       Die Soldaten, die jetzt - anonym - ihre Geschichten aus dem Gazakrieg
       erzählen, zeichnen ein anderes Bild. Da wurden palästinensische Zivilisten
       als menschliche Schutzschilde missbraucht. Da wurde zuerst geschossen und
       dann gefragt, wen man getroffen hat. Da wurden Häuser in die Luft gejagt,
       weil sie dem Gegner nach dem Abzug vielleicht von Nutzen sein könnten. Da
       wurde mutwillig zerstört und geplündert.
       
       Die israelische Politik täte gut daran, diese Aussagen ernst zu nehmen und
       ihren Wahrheitsgehalt genauestens zu prüfen, mithilfe einer unabhängigen
       internationalen Untersuchungskommission. Von der israelischen Armee kann
       man Derartiges nicht erwarten. Sie ist viel zu sehr verstrickt in eine
       Kriegführung, die Kriegsverbrechen, wenn nicht befördert, so doch billigend
       in Kauf nimmt. Nicht anders kann man die Aufforderung an die eigenen
       Offiziere deuten, Reisen in bestimmte, auch europäische Länder zu meiden,
       weil die Offiziere sonst Gefahr liefen, wegen ihrer Beteiligung am
       Gazakrieg festgenommen und unter Anklage gestellt zu werden. Dies ist
       durchaus ein indirektes Eingeständnis, dass der Mythos von der eigenen
       moralischen Überlegenheit arg angeknackst ist, dass seine propagandistische
       Bemühung nur noch dazu dient, die Aufdeckung der eigenen Untaten zu
       vereiteln und zu verschleiern. Bislang war dies der Armee noch immer
       gelungen, trotz nachgewiesener und von israelischen Historikern
       untersuchten Massakern an der palästinensischen Bevölkerung oder der
       Erschießung ägyptischer Kriegsgefangener im Sinai.
       
       Es ist die unendliche Geschichte der Dehumanisierung des politischen und
       militärischen Gegners, die den Nahostkonflikt quasi als Perpetuum mobile
       seit Jahrzehnten begleitet und am Leben hält. Dies zeigt sich im Gazakrieg
       Israels genauso wie in den Selbstmordanschlägen und dem Raketenbeschuss
       seitens der Hamas. Als moralischer Sieger kann sich wahrlich keiner der
       beiden Erzfeinde ins Bild setzen. Es ist das Verdienst der Gruppe "Das
       Schweigen brechen", den Mantel des Vertuschens auf israelischer Seite ein
       wenig gelüftet zu haben. Konsequenzen daraus müsste jetzt die politische
       Führung in Israel ziehen.
       
       Die Soldaten zerlegen das Selbstbild von der moralischen Überlegenheit der
       Armee
       
       15 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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