# taz.de -- Ex-Teamchef Hans-Michael Holczer: Vom Chef zum Chauffeur
       
       > Letztes Jahr war Hans-Michael Holczer noch der umstrittene
       > Anti-Doping-Vorkämpfer im Peloton. Jetzt bespaßt er Sponsoren am Rande
       > der Tour de France.
       
 (IMG) Bild: "Ich habe das Grundvertrauen in die Sportler verloren": Hans-Michael Holczer ist desillusioniert.
       
       VITTEL taz | Hans-Michael Holczer war mal ein Chef. Und zwar der des
       dereinst recht erfolgreichen Rennstalls Gerolsteiner. Auch heute noch hat
       er im Vergleich zum Normalbürger einen privilegierteren Zugang zu
       Radsport-Großveranstaltungen. Gegenwärtig betreut er bei der Tour de France
       Gäste des Fahrzeugsponsors Skoda. Fährt mit ihnen die Etappen ab, erzählt
       Anekdoten aus seinen elf Jahren als Rennstall-Leiter.
       
       Als solcher hatte er die Hand für seine radelnden Angestellten wenn nicht
       ins Feuer, so doch demonstrativ ganz dicht daneben gelegt. Und dabei
       verbrannt: "Ich habe das Grundvertrauen in die Sportler verloren", sagt er
       heute. Die Dopingfälle unter seiner Verantwortung, namentlich die Profis
       Kohl, Schuhmacher und Rebellin, haben ihn sichtbar erschüttert. "Diese drei
       Herren haben verhindert, dass man mir hier uneingeschränkt mit Respekt und
       Achtung begegnet. Das macht mich zornig", gesteht er am Rand der Tour.
       Seine Schlussfolgerung ist: "Wir sind einer Illusion aufgesessen. Mit der
       Null-Toleranz-Strategie kriegen wir den Sport nicht sauber."
       
       Der Mann, der sich in der Öffentlichkeit gern als Antidopingkämpfer
       präsentiert hat - und vom Milieu als ein solcher auch je nach Standpunkt
       gefeiert oder bekämpft wurde - ist freilich nicht auf die Seite der
       Dopingfreigeber übergewechselt. "Nein, ich will Doping nicht legalisieren,
       nicht bagatellisieren, aber auch nicht kriminalisieren", wehrt er
       erschrocken ab.
       
       Aber seine neue Lieblingsbeschäftigung hat ihn Milde gelehrt. Mit geradezu
       konfuzianischer Ruhe sagt er: "Ich arbeite in letzter Zeit viel im Garten.
       Jeden Tag beseitige ich das Unkraut. Jeden Morgen ist neues nachgewachsen.
       Das erinnert mich stark an die Dopingsituation." Das Jäten gibt der Gärtner
       Holczer deshalb nicht auf. Aber er meint: "Man muss darüber nachdenken, ob
       man sich daran gewöhnen muss, dass es trotz allen Jätens einen absolut
       unkrautfreien Garten nicht gibt."
       
       So weit, die Schönheit des Unkrauts zu besingen, ist Holczer aber noch
       nicht. Zwar hat sein Vertrauen in die Methoden der Unkrautbekämpfer stark
       gelitten. Aber mit dem Radsport ist er trotz des Endes von Team
       Gerolsteiner weiterhin verbunden. Dem neuen Rennstall Sky steht er als
       Berater zur Seite. Und er überlegt, wie der Radsport neue organisiert
       werden könnte. Im September hört sich die ASO seine Vorstellungen an. Auch
       wenn es derzeit nicht den Anschein hat: Holczer ist mehr als nur Gärtner
       und Chauffeur.
       
       18 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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