# taz.de -- Autos in Berlin: 254 abgefackelt, 4.994 geklaut, 90.000 ausgeschlossen
       
       > Autofahrer haben es nicht leicht in Berlin. Ein Bruchteil der PKW wird
       > angezündet, ein größerer Teil wird gestohlen und dann wird auch noch die
       > Umweltzone ab Januar verschärft.
       
 (IMG) Bild: Super: Wer hier nicht reinfahren darf, muss auch keine Angst haben, dass das Autos geklaut oder angezündet wird
       
       254 Autos angezündet 
       
       Seit Jahresbeginn hat die Polizei 254 Brandanschläge auf Autos registriert.
       187 Autos wurden direkt angegriffen, die übrigen wurden durch das Feuer in
       Mitleidenschaft gezogen. Weil von einer politischen Motivlage ausgegangen
       wird, ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.
       
       Wenn es Carsharing-Autos der Deutschen Bahn trifft oder das Firmenauto
       eines Rüstungsunternehmens, braucht die Polizei nicht lange zu rätseln.
       Auch nicht, wenn nach dem Anschlag ein Bekennerschreiben auftaucht, in dem
       die Bahn wegen Castortransporten als "Handlanger der Atomlobby" bezeichnet
       wird. Bekennerschreiben gibt es aber kaum. Dementsprechend schwer fällt die
       Einordnung, zumal es schon lange nicht mehr nur sogenannte Nobelkarossen
       trifft. Der öffentliche Druck auf die Ermittlungsbehörden, den Tätern das
       Handwerk zu legen, ist enorm.
       
       4.994 Autos geklaut 
       
       In anderen Bundesländern parken teure Mittelklassewagen von VW, Passat oder
       Ford nachts in der Garage. Anders in Berlin. "Hier stehen die Wunschobjekte
       offen auf der Straße herum. Man muss sie nur abpflücken", beschreibt Dirk
       Jacob, beim Landeskriminalamt Dezernatsleiter für KFZ-Diebstahl, das
       Dilemma. Auch die Wegfahrsperre sei kein hundertprozentiger Schutz gegen
       Diebstahl. "Die Täter verfügen in der Regel über das erforderliche
       technische Know-how."
       
       4.994 Autos sind in Berlin in diesem Jahr geklaut worden, 39,2 Prozent mehr
       als im Vorjahr (Stand: Ende September). "Nirgendwo in Deutschland werden
       mehr Fahrzeuge geklaut", schlagzeilte eine Springer-Zeitung dieser Tage mit
       Blick auf Berlin. Das stimmt nur bedingt. Auch in anderen ostdeutschen
       Bundesländern gehen die Diebstahlzahlen seit ein, zwei Jahren wieder nach
       oben. In Sachsen betrug die Steigerung 2008 sogar 61 Prozent.
       
       Seit 1999 war die Anzahl der Diebstähle überall in Deutschland durch die
       Weiterentwicklung der Sicherungssperren kontinuierlich gesunken. Nun
       fordern die offenen Grenzen nach Osteuropa von den angrenzenden
       Bundesländern ihren Tribut. "Von Dortmund dauert es sechs Stunden, bis man
       in Polen ist, von Berlin nur eine Stunde", sagt Jacob. Bis der Halter
       aufgewacht ist und den Verlust seines Gefährts bemerkt hat, seien die Täter
       über alle Berge. Verhökert würden die Wagen nicht nur in Osteuropa, auch
       Syrien und der Nahe Osten seien Absatzmärkte. "Das geht bis nach Afrika und
       den asiatischen Raum."
       
       Wer sind die Täter? "Das ist ein weitgefächertes Feld." Alle Nationalitäten
       seien vertreten. Oftmals handele es sich um straff organisierte Banden, die
       im osteuropäischen Raum beheimatet seien.
       
       Manchmal würden die Fahrzeuge auch zerlegt, um im Ausland die Ersatzteile
       zu verkaufen. Mehrere sogenannnte Zerlegehallen habe die Polizei im
       Berliner Raum ausheben können, sagt Jacob. In den Hallen, die sich auf
       alten LPG-Anlagen befänden, seien zum Teil bis zu 100 Autos demontiert
       worden. Wenn die Polizei eine solche Halle aushebe, "ist das für die Täter
       ein großer Verlust". Um das Risiko zu minimieren, erfolge die Zerlegung nun
       in deutlich kleineren Werkstätten.
       
       90.000 Autos ausgeschlossen 
       
       Die Frankfurter Allee ist derzeit das Sorgenkind. 58 Tage des aktuellen
       Jahres sind noch übrig, doch die Feinstaub-Messstation hat dort am letzten
       Oktobertag 32 Überschreitungen gemeldet, nur 35 sind zulässig. Werden es
       mehr, gäbe es in Berlin erstmals seit zwei Jahren wieder mehr Feinstaub,
       als die EU erlaubt.
       
       Für die Senatsverwaltung für Umwelt steht daher fest: Die zweite Stufe der
       Umweltzone soll planmäßig kommen. Derzeit ist die erste Stufe in Kraft.
       Seit dem 1. Januar 2008 dürfen nur Autos in das Gebiet innerhalb des
       S-Bahn-Rings fahren, die von der Zulassungsstelle eine grüne oder gelbe
       Plakette bekommen haben. Am 1. Januar 2010 soll die zweite Stufe in Kraft
       treten. Wer jetzt eine gelbe Plakette hat, in Zukunft aber weiter in die
       Innenstadt fahren will, muss nachrüsten. Nach Angaben des Senats sind es
       knapp 60.000 Diesel-Pkws und rund 30.000 Lkws, deren Besitzer in Filter
       investieren müssen.
       
       Doch die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat die Umweltzonen in ihrem
       Koalitionsvertrag wieder zur Diskussion gestellt. Dort heißt es: "Wir
       wollen Einfahrtverbote dort lockern, wo die Einschränkungen in keinem
       vernünftigen Verhältnis zur erzielten Feinstaubreduzierung stehen." Dazu
       sollten Ausnahmeregelungen bundesweit vereinheitlicht werden. Was ein
       "vernünftiges Verhältnis" ist und wie eine Vereinheitlichung aussehen soll,
       konnte das Bundesumweltministerium gestern nicht klären. Es sei noch zu
       früh, um über eine detaillierte Umsetzung zu reden, sagte ein Sprecher.
       
       Der Berliner Senat sieht nach Angaben einer Sprecherin der Senatsverwaltung
       für Umwelt "keinen Grund, von der zweiten Stufe der Umweltzone abzusehen".
       Die Senatsverwaltung hatte im Frühjahr eine Wirkungsanalyse vorgestellt.
       Demnach ist im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2007 der Ausstoß von
       Dieselruß und Stickoxiden um 28 beziehungsweise 18 Prozent zurückgegangen.
       An den Hauptverkehrsstraßen stellten die Wissenschaftler 3 Prozent weniger
       Feinstaub fest - das entspreche vier Tagen mit Grenzwertüberschreitung
       weniger.
       
       Auch von Umweltschützern kommt Lob. "Wir hätten uns zwar den Gesamtprozess
       etwas früher gewünscht", sagt Martin Schlegel, Referent für Verkehrspolitik
       beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Berlin, doch die Maßnahme
       sei richtig. Sinnvoll seien außerdem zusätzliche Schritte. So nennt
       Schlegel neben dem Verzicht auf die Verlängerung der A 100, der zu einem
       höheren Verkehrsaufkommen und damit mehr Feinstaub führen würde, eine
       Stärkung der Straßenbahnen anstelle von Bussen - versorgt am besten mit
       erneuerbaren Energien.
       
       3 Nov 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) P. Plarre
 (DIR) S. Bergt
       
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